Offenbarung Kapitel 15



Vorbereitung auf die Schalengerichte

Dieses Kapitel gewährt uns einen Einblick in die Vorbereitung auf Kapitel 16, in dem das Ausgiessen der letzten sieben Gerichte, der sogenannten Zornesschalen, geschildert wird. Die Kapitel 12 bis 14 haben uns viele wichtige Informationen über die Zeit der Trübsal vermittelt, allerdings nicht in chronologischer Reihenfolge, wie wir sie etwa bei den drei Siebener-Gruppen der Gerichte Gottes finden. Kapitel 15 ähnelt in seiner Funktion dem Abschnitt in 8,1b-6: Es dient dazu, den Leser auf die nächste Abfolge göttlicher Gerichte vorzubereiten. Zugleich leitet es die Wiederaufnahme der chronologischen Ereignisse auf der Erde ein, deren Ablauf seit 11,19 unterbrochen war.

Ein grosses und wunderbares Zeichen am Himmel | 15,1

1 Und ich sah ein anderes Zeichen in dem Himmel, groß und wunderbar: Sieben Engel, die sieben Plagen hatten, die letzten; denn in ihnen ist der Grimm Gottes vollendet.

V 1 | Johannes sah ein "anderes Zeichen in dem Himmel, groß und wunderbar." Das Zeichen: Sieben Engel mit sieben Schalen des Zornes Gottes, bereit, sie über die Erde auszugiessen. Mit diesem Zeichen wird der Abschluss des fünften Einschubs eingeleitet. Dieser Einschub begann mit zwei Zeichen am Himmel: dem ersten, der Frau, mit der Sonne bekleidet, ein Bild auf Israel, und dem zweiten, dem feuerroten Drachen mit sieben Köpfen und zehn Hörnern, ein Bild auf Satan.

Mit dem Ausgiessen dieser letzten sieben Gerichte wird der Zorn Gottes über diese sündige Welt vollendet. Das bedeutet zweierlei: Erstens, dass der Zorn Gottes in den sieben Zornschalen-Gerichten zu einem vorläufigen Abschluss kommt, endgültig jedoch erst am Ende des 1000-jährigen Reiches. Zweitens wird dadurch deutlich, dass Gottes Zorn zu einem bestimmten Zeitpunkt der Heilsgeschichte begann, stetig zunahm und nun sein volles Mass erreicht hat, darum heisst es hier, dass der Grimm Gottes in den "Plagen" "vollendet" werden wird.

Gottes Wort gibt uns Einsicht in die Anfänge des Zornes Gottes. Dies führt uns zurück, in das Buch der Anfänge, nämlich das Buch Genesis. Dort sehen wir den Fall Satans und mit ihm der Fall von einem Drittel aller Engel. Auch sehen wir dort den Fall von den ersten Menschen, und mit ihnen diese Erde. In den letzten sieben Gerichten nun wird dieser Zorn Gottes "vollendet", d.h. zur Reife gebracht. Satan und die Mächte der Finsternis werden zusammen mit allen gottlosen und götzendienerischen Menschen "die große Kelter des Grimmes Gottes" zur ewigen Verdammnis erfahren.

Diese letzten Gerichte stellen eine letzte Warnung an die gottlosen, sündigen und götzendienerischen Menschen dar. Gott ist Liebe! Gottes Liebe hat sich im Geben Seines Sohnes erzeigt (Joh 3,16). Doch gerade im Geben Seines Sohnes hat Gott unmissverständlich dargelegt, dass ein heiliger und gerechter Gott, Sünde nicht ungestraft belassen kann (Vgl. Jes 53,5b). Wenn Gott Seinen eingeborenen Sohn nicht verschont hat, sondern auf Ihn, als stellvertretendes Opfer, am Kreuz den ganzen Zorn Gottes geladen hat, wie viel mehr wird der Gottlose im Gericht nicht bestehen können (Vgl. Ps 1,5)!

Die Überwinder | 15,2-3

2a Und ich sah etwas wie ein gläsernes Meer, mit Feuer gemischt,

V 2a | Johannes sah etwas, das aussieht "wie ein gläsernes Meer", jedoch "mit Feuer vermischt". Dieses Bild knüpft an Offb 4,6 an, wo sich bereits ein "gläsernes Meer gleich Kristall" vor dem Thron Gottes befand, ein Bild auf Gottes Heiligkeit, Reinheit und Erhabenheit. Hier nun ist das quadratische kupferne Waschbecken gemeint, das auch "Meer" genannt wird und sich im Tempel befand. Mit dem Wasser aus diesem Becken mussten die Priester Hände und Füsse waschen, bevor sie ein Opfer darbringen oder den Tempel betreten durften. Hier sah Johannes ein "gläsernes Meer", d.h. ein völlig gereinigtes "Meer". Da der grosse Hohepriester Jesus Christus das vollkommene und ewig gültige Reinigungs-Opfer am Kreuz dargebracht hatte, braucht es dieses "Meer" nicht mehr.

Doch Johannes sah, dass dieses "gläserne Meer" jedoch "mit Feuer gemischt" war. Das "Feuer" hier ist ein Bild auf das Feuer der Verfolgung welches die Heiligen erleiden müssen durch das Tier und seiner Herrschaft. Die zweite Hälfte der Trübsalszeit wird eine Feuer-Erprobungs-Zeit des Glaubens der Heiligen sein. Bereits in 14,12 finden wir den Aufruf Gottes an die Heiligen in der Trübsalszeit, die Grausamkeiten des Tieres standhaft zu ertragen.

2b und sah die Überwinder über das Tier und über sein Bild und über die Zahl seines Namens an dem gläsernen Meer stehen,

V 2b | An diesem "gläsernen Meer" sieht Johannes die "Überwinder" stehen.  Es handelt sich um Märtyrer aus der zweiten Hälfte der Trübsalszeit. Sie haben das Tier und seine Herrschaft überwunden, d.h. sie haben das Tier weder angebetet noch sein Malzeichen angenommen. Inmitten des Feuers der Verfolgung haben sie die Gebote Gottes und den Glauben an Jesus Christus bewahrt, selbst wenn es sie das Leben kostete. Was aus menschlicher Sicht wie eine Niederlage erschien (Vgl. 2Kor 13,4), war in Wirklichkeit ein göttlicher Sieg (Vgl. Hebr 2,14). Diese Überwinderschar hat unter widrigsten Umständen unbeirrbar an Gottes Wort und dem Glauben an Jesus festgehalten.

Nun stehen sie im Tempel Gottes im Himmel und erfreuen sich des ewigen Heils und Trostes.

2c und sie hatten Harfen Gottes.

V 2c | Diese "Überwinder" hatten "Harfen Gottes". Im Buch der Offenbarung finden sich drei Gruppen mit "Harfen Gottes" um den Herrn anzubeten.

Die erste Gruppe sehen wir in 5,8. Es sind die vierundzwanzig Ältesten, das ist die Gemeinde, die vor dem Lamm niederfallen, um es mit Harfen anzubeten.

Die zweite Gruppe, die sich von der ersten unterscheidet, finden wir in 14,2 zu Beginn des 1000-jährigen Reiches. Es ist eine Schar von Gläubigen im Himmel, "… sie singen ein neues Lied vor dem Thron und vor den vier lebendigen Wesen und den Ältesten; und niemand konnte das Lied lernen als nur die 144000, die von der Erde erkauft waren."

Die dritte Gruppe nun hier in diesem Vers ist die Märtyrer aus der zweiten Hälfte der Trübsal, die durch ihren Glauben an Gott und Sein Wort das Tier und seine Herrschaft überwunden haben.

3a Und sie singen das Lied Moses, des Knechtes Gottes, und das Lied des Lammes

V 3a | Diese dritte Gruppe preist den Herrn und sie singen das "Lied Moses" und das "Lied des Lammes". Beide Lieder haben einen direkten Bezug auf die zwei wichtigsten und grossartigsten Ereignisse der Heilsgeschichte Gottes.

Das "Lied Moses" hat Israel gesungen, unmittelbar nach ihrem Durchzug durch das Schilfmeer als Gott sie durch mächtige Zeichen und Wunder vor dem Pharao und seiner Armee rettete (Ex 15,1-21; vgl. Dt 32,1-43). Es ist bemerkenswert, dass das erste Lied in der Bibel, d.h. "das Lied Moses" auch das letzte Lied sein wird, dass in der Bibel erwähnt wird.

Das "Lied des Lammes" besingt das umfassende Erlösungswerk Jesus Christi am Kreuz. Es ist Gottes Rettung des Sünders vor dem Gericht zum Tod und der ewigen Verdammnis. Das Lied des Lamms ist ein Lied des Trostes und des Sieges. Das Lamm ist der verworfene Messias, der einst für Sünder gelitten hat aber am dritten Tag unwiderstehlich in Herrlichkeit auferstanden ist. So ist das Lamm nun denen ein Vorbild des Leidens und Überwindens, die durch das Tier und seine Herrschaft getötet werden. Hier erfüllen sich die Worte des Paulus: "Das Wort ist gewiss; denn wenn wir mitgestorben sind, so werden wir auch mitleben; 12 wenn wir ausharren, so werden wir auch mitherrschen; wenn wir verleugnen werden, so wird auch er uns verleugnen." (2Tim 2,11-12)

Wie die Israeliten nach dem Durchzug durch das Schilfmeer am Ufer standen und den Herrn mit dem "Lied Moses" priesen, wo werden die Märtyrer der zweiten Hälfte der Trübsal vor dem Herrn stehen und Ihn mit dem "Lied des Lammes" preisen!

3b und sagen: Groß und wunderbar sind deine Werke, Herr, Gott, Allmächtiger, gerecht und wahrhaftig deine Wege, o König der Nationen!

V 3b | Sie singen: "Groß und wunderbar sind deine Werke, Herr, Gott, Allmächtiger, gerecht und wahrhaftig deine Wege, o König der Nationen!" Sie anerkennen, auch im Angesicht der Gerichte Gottes, dass die Werke des Herrn, des Allmächtigen "gross und wunderbar" sind! Sie preisen Gott, den Schöpfer aller Dinge der den Himmel und die Erde und Meer und Wasserquellen gemacht hat, was dem "ewigen Evangelium" aus 14,6 entspricht. Es fällt auf, dass diese Schar sich in keiner Art und Weise beschweren über ihr Leiden und Märtyrertum. Sie anerkennen Gottes Güte und Souveränität! Möge die Gemeinde des Herrn Jesus einstimmen in dieses Lied des Lammes. So wie es auch König David in seinem Lobpreis ausdrückt: "Der HERR ist gerecht in allen seinen Wegen und gütig in allen seinen Taten." (Ps 145,17)

"Der Ausdruck "König der Nationen" kann auch als "König der Zeiten" interpretiert werden. Gott ist der ewige König, er lenkt auch die Geschichte. Nichts geschieht zufällig. Die Sänger wollen Gott verherrlichen und ihn ehren, so wie in dem Lobpreis, den der erste Engel in 14,7 verkündete."[1]

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[1] W. Wiersbe – Kommentar zum Neuen Testament

Ergebnis der sieben letzten Gerichte | 15,4

4 Wer sollte nicht dich, Herr, fürchten und deinen Namen verherrlichen? Denn du allein bist heilig; denn alle Nationen werden kommen und vor dir anbeten, denn deine gerechten Taten sind offenbar geworden.

V 4 | Der Apostel stellte hier die rhetorische Frage: "Wer sollte nicht dich, Herr, fürchten…?" Die Antwort ist folgende: Niemand kann sich Seiner Majestät und Allmacht entziehen. Die Begründung dafür folgt direkt: "Denn du allein bist heilig." Nichts und niemand ist wie der HERR!

Die gerechten Gerichte Gottes werden dazu führen, dass viele Menschen aus den Nationen Ihn "fürchten". Viele werden aufgrund der "gerechten Taten" Gottes und der Verkündigung des "ewigen Evangeliums" sich weigern, das Tier anzubeten und sein Malzeichen anzunehmen. So ist auch dieser Vers eine weitere Vorausschau auf das 1000-jährige Reich, wo eine grosse Schar an Heiligen aus den Nationen das Lamm anbeten und ihm dienen werden.

Vorbereitung auf die Schalengerichte | 15,5-8

In den verbleibenden Versen dieses Kapitels beschäftigen sich mit der Vorbereitung auf das Ausgiessen der sieben Zornschalen-Gerichte, durch welche sich der Grimm Gottes vollenden wird.

5 Und nach diesem sah ich: Und der Tempel der Hütte des Zeugnisses in dem Himmel wurde geöffnet.

V 5 | Der "Tempel im Himmel", der hier als "das Zelt des Zeugnisses" bezeichnet wird, wird geöffnet. Diese Bezeichnung erinnert stark an die alttestamentliche Stiftshütte, insbesondere an das Allerheiligste. Das "Zelt des Zeugnisses", d.h. das Allerheiligste, wird so genannt, weil die beiden Steintafeln "des Zeugnisses" sich darin befanden, nämlich in der Bundeslade (Vgl. Ex 25,16; 31,18; 32,15; 34,29; 40,20). Auf diesen beiden Tafeln stand das Zeugnis Gottes, sein heiliges Gesetz.

Das Allerheiligste war der Ort, an dem Gott seinem Volk begegnete und wo sein Wille offenbar wurde. Was Johannes sah, war der Zugang zum heiligen, innersten Bereich Gottes, dort, wo seine Herrlichkeit und sein Gesetz wohnen.

Dass der Tempel "geöffnet" bedeutet, dass Gottes Seinen ganzen Ratschluss nun enthüllt und dass etwas Neues und Entscheidendes geschehen wird. Schon in 11,19 wurde der Tempel im Himmel geöffnet, um die Bundeslade zu zeigen, dort aber im Zusammenhang mit der Herrschaft Gottes. Hier hingegen markiert das Öffnen den Beginn der letzten Gerichtsreihe: die sieben Zornschalen. Was jetzt folgt, sondern Gottes heiliger und gerechter Ratschluss, der aus Seinem eigenen Heiligtum hervorgeht.

So bedeutet das Öffnen "des Zeltes des Zeugnisses" zweierlei. Für die einen ist es ein Blick auf die Bundeslade, eine Erinnerung an Gottes Bund mit seinem Volk. Für all jene aber, welche das "ewige Evangelium" bis jetzt abgelehnt haben, bedeutet das Öffnen des Allerheiligsten eine letzte Warnung. Wer das Tier anbeten wird und sein Malzeichen annehmen wird, wird Gottes Heiligkeit, Gerechtigkeit und Gericht nicht entfliehen können.

6 Und die sieben Engel, die die sieben Plagen hatten, kamen aus dem Tempel hervor, angetan mit reinem, glänzendem Leinen und um die Brust gegürtet mit goldenen Gürteln.

V 6 | Johannes sah "sieben Engel", "angetan mit reinem, glänzendem Leinen und um die Brust gegürtet mit goldenen Gürteln." Die Bekleidung der "sieben Engel" unterstreicht ihre Heiligkeit, Reinheit und Würde. Ihr heiliges und makelloses Erscheinungsbild steht in starkem Kontrast zu jenen, die aufgrund ihrer Unreinheit die letzten sieben Gerichtsplagen erleiden müssen. Diese Menschen sind unrein, weil sie das kostbare Opfer des Sohnes Gottes am Kreuz verworfen und für wertlos erachtet haben. Sie haben den Kelch des Heils ausgeschlagen, nun aber müssen sie den unvermischten Kelch des Grimmes Gottes trinken.

7 Und eins von den vier lebendigen Wesen gab den sieben Engeln sieben goldene Schalen, voll des Grimmes Gottes, der da lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit.

V 7 | Zu diesen sieben Engeln "kommt eines der vier lebendigen Wesen" mit "sieben goldenen Schalen" Diese Schalen (Räucherschalen) sind "voll des Grimmes Gottes". Das Ausgiessen des Zornes Gottes über alle Feinde Gottes steht nun unmittelbar bevor.

8 Und der Tempel wurde mit Rauch gefüllt von der Herrlichkeit Gottes und von seiner Macht; und niemand konnte in den Tempel eintreten, bis die sieben Plagen der sieben Engel vollendet waren.

V 8 | Bevor die erste Zornschale ausgegossen wird, sah Johannes wie der "Tempel" sich "mit Rauch füllt von der Herrlichkeit Gottes und von seiner Macht". Dies zeigt die Schechina, d.h. die Gegenwart Gottes (Vgl. Ex 19,18; 40,34; 1Kö 8,10-11; 2Chr 5,11-14; 7,1-3; Jes 6,4; Hes 11,23; 44,4).

Der "Rauch" markiert eine Grenze: "niemand konnte in den Tempel eintreten", solange die sieben letzten Plagen, der vollendete Zorn Gottes, nicht ausgegossen waren. Dies bedeutet, dass ab diesem Moment keine Fürbitte mehr möglich ist. Die Zeit der Gnade ist an diesem Punkt abgeschlossen. Nun wird das Gericht in seiner ganzen Ernsthaftigkeit und Endgültigkeit vollzogen.



 

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