Offenbarung Kapitel 11



Kapitel 11 ist die Fortsetzung des Einschubs, der in Kapitel 10 begonnen hat. Nun soll offenbart werden, was in dem "geöffneten Büchlein" geschrieben ist. Dieser Abschnitt handelt von den zwei Zeugen und insbesondere von Jerusalem, der Stadt, "wo auch ihr Herr gekreuzigt wurde." (V 8)

Der Tempel in Jerusalem | 11,1-2

1 Und es wurde mir ein Rohr, gleich einem Stab, gegeben und gesagt: Steh auf und miss den Tempel Gottes und den Altar und die, die darin anbeten.

V 1 | Johannes soll den "Tempel Gottes, den Altar und die, welche darin anbeten" messen. Dazu wird ihm ein Messrohr gegeben. Das Ausmessen des Tempels weist hin auf die Eigentümerschaft Gottes (Vgl. 21,15; Sach 2,5-9). Zudem zeigt sich hier eine Unterscheidung: Was zu Gott gehört, wird abgegrenzt und bewahrt.

Gemessen werden: 

- Der "Tempel Gottes", das ist das Heiligtum selbst, nicht der gesamten Tempelkomplex
- Der "Altar", gemeint ist der Brandopferaltar
- Die "Anbetenden", sind die Christusgläubigen Juden jener Zeit

70. n.Chr. wurde der Herodianische Tempel, wie von den Propheten und von Jesus Christus in seinen Endzeitreden angekündigt, als Folge der Ablehnung des Messias von den Römern völlig zerstört. Doch während der Trübsalszeit wird es einen wiedererbauten Tempel geben (Vgl. Dan 9,27; Dan 12,11; Mt 24,15; 2Th 2,4). Es ist dieser Trübsal-Tempel, der in Teilen von Johannes ausgemessen werden soll. Jener Teil, der gemessen wird, darf Gottes Segen und Bewahrung erleben (Süsses). Was nicht gemessen werden soll, ist ausgeschlossen vom Segen Gottes und dem Gericht übergeben (Bitteres).

2 Und den Hof, der außerhalb des Tempels ist, wirf hinaus und miss ihn nicht; denn er ist den Nationen gegeben worden, und sie werden die heilige Stadt 42 Monate zertreten.

V 2 | Nicht gemessen werden soll (ausgegrenzt) der "Hof, der ausserhalb des Tempels ist". Das ist der sog. Vorhof der Heiden. Beim Herodianischen Tempel war dieser durch eine niedrige Mauer vom inneren Vorhof getrennt und den Heiden war es unter Todesstrafe untersagt, den inneren Vorhof zu betreten. Paulus wurde grundlos vorgeworfen, einen Heiden (Trophimus aus Ephesus) in diesen inneren Vorhof mitgenommen zu haben (Vgl. Apg 21,27ff).

Johannes soll den Vorhof der Heiden nicht messen. Dies bedeutet, dass Gottes Gericht nun über die heidnischen ungläubigen Nationen kommen wird. Sie haben Gottes Volk unterdrückt und Jerusalem zertreten. Es geht in Erfüllung, was der Prophet Sacharja angekündigt hat: "So spricht der HERR der Heerscharen: Ich habe mit großem Eifer für Jerusalem und für Zion geeifert, und mit großem Zorn zürne ich über die sicheren Nationen; denn ich habe ein wenig gezürnt, sie aber haben zum Unglück geholfen." (Sach 1,14b-15)

Ein letztes Mal nun wird Jerusalem durch die "Nationen" "zertreten" werden, nämlich für "42 Monate", d.h. in der zweiten Hälfte der Trübsalszeit. Die feindlichen Armeen werden sich in Israel versammeln und der Herr Jesus Christus wird zusammen mit seinem gläubigen Überrest die Feinde Israels endgültig vernichten.

Die zwei Zeugen | 11,3-14

In den kommenden Versen wird der Dienst der zwei Zeugen dargelegt, der sich über die ganze erste Hälfte der Trübsalszeit hinzieht. Dieser wichtige Dienst dieser beiden Zeugen ist prophetisch im AT angekündigt und wird nun in diesem Einschub erklärt.

Das Wirken der zwei Zeugen | 11,3-6

3 Und ich werde meinen zwei Zeugen Kraft geben, und sie werden 1260 Tage weissagen, mit Sacktuch bekleidet.

V 3 | In der ersten Hälfte der Trübsal (1260 Tage / 42 Mt. / 3½ Jahre) werden zwei Einzelpersonen in Jerusalem, denen Gott besondere Macht und Autorität verleiht, eine Botschaft des Gerichts und der Errettung zu verkünden.

Das AT erforderte mindestens zwei Zeugen zur Bestätigung eines Zeugnisses (Vgl. Dt 17,6; Dt 19,15; Mt 18,16; Joh 8,17; Hebr 10,28). Sowohl Jesus als auch die erste Gemeinde sandten die Jünger zu zweien aus (Mk 6,7; Lk 10,1-2; Apg 13,2; Apg 15,39-40).

Die "zwei Zeugen" sind "mit Sacktuch[1] bekleidet". Sie fordern zur Umkehr auf, ähnlich wie alttestamentliche Propheten (z.B. Elia, Jeremia, Johannes der Täufer), die oft selbst in Sacktuch auftraten. Sie verkündigen das Evangelium des Reiches, welches der HERR Jesus selber definiert hat:

"Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen." (Mt 3,2; 4,17; Mk 1,15 ) Das bedeutet, dass sie sowohl eine Botschaft des Gerichts als auch eine Botschaft der Rettung durch Christus verkündigen. Dieses Angebot gilt allen, die Busse tun und glauben. (Vgl. Jes 22,12; Jer 4,8; Jer 6,26; Jona 3,5, 6,8; Mt 11,21).

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[1] Ein Sacktuch war im alten Israel ein grob gewebter Stoff (meist aus Ziegenhaar), der als Kleidung der Trauer, Busse und Demut direkt auf dem Leib getragen wurde. Es wurde auch nachts nicht abgelegt und war oft begleitet von Fasten, Asche und Weinen (Vgl. 1Kön 21,27; 2Kön 19,1; Hiob 16,15; Dan 9,3; Joel 1,13; Jona 3,5-8)

4 Dies sind die zwei Ölbäume und die zwei Leuchter, die vor dem Herrn der Erde stehen.

V 4 | In diesem Vers wird gesagt, wer diese beiden Zeugen sind, denn es erfüllt sich die Prophetie aus Sach 4,11-14 "Und ich hob an und sprach zu ihm: Was sind diese zwei Olivenbäume rechts des Leuchters und links von ihm? 12 Und ich hob zum zweiten Mal an und sprach zu ihm: Was sind die beiden Zweige der Olivenbäume, die neben den zwei goldenen Röhren sind, die das Gold von sich ausgießen? 13 Und er sprach zu mir und sagte: Weißt du nicht, was diese sind? Und ich sprach: Nein, mein Herr. 14 Da sprach er: Dies sind die beiden Söhne des Öls, die bei dem Herrn der ganzen Erde stehen."

Sacharjas Nachtgesicht hatte sowohl eine Naherfüllung, d.h. den Wiederaufbau des Tempels unter Joshua und Serubbabel nach der Rückkehr aus dem babylonischen Exil, als auch eine zukünftige Erfüllung, d.h. die zwei Zeugen, deren Dienst hindeutet auf Israels endgültige Wiederherstellung im 1000-jährigen Reich. Dies wird nicht geschehen durch Heer oder Kraft, sondern durch den Heiligen Geist (Sach 4,6). Mit ihrer geistgewirkten Verkündigung entfachen die beiden Zeugen eine Erweckung, so wie in Israel einst nach der babylonischen Gefangenschaft der Dienst von Joshua und Serubbabel.

Sie sind "die zwei Ölbäume und die zwei Leuchter" Gottes, deren Namen wir nicht kennen, die aber in der Kraft und im Licht Gottes wirken werden. Sie sind berufen, befähigt und ausgerüstet durch den Heiligen Geist und sprechen und wirken im Namen des HERRN.

5 Und wenn jemand sie beschädigen will, so kommt Feuer aus ihrem Mund hervor und verzehrt ihre Feinde; und wenn jemand sie beschädigen will, muss er so getötet werden.

V 5 | Diese beiden Zeugen werden in der Lage sein, sich zu schützen, indem "Feuer" aus ihrem "Mund" ausgeht und "ihre Feinde verzehrt." Niemand wird in der Lage sein, sie während ihres Dienstes zu töten, bis Gott es am Ende ihres Wirkens zulassen wird (V 7).

A.4 Das Heilmittel | 1,7-11

6 Diese haben die Gewalt, den Himmel zu verschließen, damit während der Tage ihrer Weissagung kein Regen falle; und sie haben Gewalt über die Wasser, sie in Blut zu verwandeln, und die Erde zu schlagen mit jeder Plage, sooft sie nur wollen.

V 6 | Gott befähigt die beiden Zeugen während ihrer 3½-jährigen Wirkungszeit verschiedene Wunder zu wirken. Sie haben Macht, "den Himmel zu verschliessen", d.h. dass es nicht regnet. Sie haben "Gewalt über die Wasser", d.h. dass sie sich in Blut verwandeln. Sie haben Gewalt, die "Erde zu schlagen mit jeder Plage, sooft sie nur wollen."

Der Dienst der beiden Zeugen hat viele Ähnlichkeiten zum Dienst des Mose und des Elia. Mose, sowie auch Elia hatten von Gott Macht bekommen, Sünde zu bestrafen, um Menschen zur Umkehr zu bewegen (Elia: 1Kö 17,1ff; 1Kö 18,1; Lk 4,25; Jak 5,17; Mose: Ex 7,17-21; Ex 9,14; Ex 11,10; 1Sam 4,8). Die beiden Zeugen werden ihre Macht und Gewalt ausüben können, wann immer sie es wollen. Dies im Gegensatz zu Mose, der nur auf Anweisung Gottes Wunder vollbringen konnte.

Dies wird der fünfte und zugleich letzte zeitliche Abschnitt sein in der Heilsgeschichte Gottes, in der Gott einige "wenige" Menschen befähigt, ungewöhnliche und spektakuläre Zeichen und Wunder zu tun. Es handelt sich um folgende fünf Abschnitte:

1. Zeit von Mose und Josua
2. Zeit von Elia und Elisa
3. Zeit von Daniel und seinen drei Freunden
4. Zeit des irdischen Wirkens Jesu Christi und seiner Apostel
5. Zeit der beiden Zeugen (Erste Hälfte Trübsal)

Anmerkung:

Im Wirken der beiden Zeugen finden wir einen grundlegenden Schlüssel zum Verständnis biblischer Prophetie: Eschatologische Ereignisse werden durch historische Geschehnisse vorgeschattet, wie etwa bei Joshua und Serubbabel.

7 Und wenn sie ihr Zeugnis vollendet haben, wird das Tier, das aus dem Abgrund heraufsteigt, Krieg mit ihnen führen und wird sie überwinden und sie töten.

 

V 7 | Nun kommt der Dienst der beiden Zeugen zu einem Ende. Beide verkündigten für 3½ Jahre das Evangelium des Reiches. In dieser Zeit konnten ihre Feinde nichts gegen sie ausrichten, und standen selbst in Gefahr umzukommen, sollten sie den beiden Zeugen Schaden zufügen wollen.

Das "Tier, das aus dem Abgrund heraufsteigt" wird mit ihnen Krieg führen und sie töten. Hier wird eine neue Person zum ersten Mal von insgesamt 29 Malen erwähnt. Dass diese Person aus dem Abgrund heraufsteigt, zeigt, dass seine Macht satanisch ist. Dieses Tier stellt die grösste Macht dar, welche in der Trübsalszeit wirken wird. Dieses Tier wird als einziges imstande sein, das zu vollbringen, was bereits viele zu tun versucht haben, nämlich, die beiden Zeugen zu töten.

"Keiner von uns könnte sagen, wer mit diesem Tier gemeint ist, hätten wir nicht die folgenden Kapitel. Wir finden nämlich alle Einzelheiten, die zu diesem Tier gehören, das aus dem Meer, bzw. aus dem Abgrund heraufsteigt, in 13,1-10 und 17,3.7-14. Ohne auf nähere Einzelheiten einzugehen, können wir sagen, dass dieses Tier der Alleinherrscher des westlichen Reiches darstellt, der Führer, der in dieser Schlussphase der grossen Drangsal im wiedererstandenen Römischen Reich die oberste Macht sein wird. Weil der Antichrist, der König Israels, mit ihm einen Bund geschlossen haben wird, wird er auch in Palästina grossen Einfluss ausüben (siehe Vers 2b). Schliesslich sieht es so aus, als würde er siegen. Er weiss jedoch nicht, dass Gott solche Prüfungen für seine Knechte zulassen kann, um ein noch mächtigeres Zeugnis zuwege zu bringen. Kurz vor dem Kommen des Herrn wird das Tier seinen letzten politischen Schachzug tun; aber danach wird er vom Herrn selbst gerichtet werden."[1]

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[1] Willem Ouweneel – Das Buch der Offenbarung

8 Und ihr Leichnam wird auf der Straße der großen Stadt liegen, die geistlicherweise Sodom und Ägypten heißt, wo auch ihr Herr gekreuzigt wurde.

V 8 | Als Zeichen der Verachtung und Verunehrung lässt das Tier die Leichname auf der Strasse liegen, anstatt sie zu beerdigen. Eine Praxis, welche das AT explizit verbietet (Vgl. Dt 21,22-23; Ps 79,2-3).

Jerusalem wird wegen seines unmoralischen Verhaltens "Sodom" und wegen seiner Weltlichkeit "Ägypten" genannt.  Es ist der Ort, "wo auch ihr Herr gekreuzigt wurde." Dieser Zusammenhang zeigt auf, dass sich der Dienst der beiden Zeugen vornehmlich auf Jerusalem fokussieren wird.

9 Und viele aus den Völkern und Stämmen und Sprachen und Nationen sehen ihren Leichnam drei Tage und einen halben und erlauben nicht, dass ihre Leichname ins Grab gelegt werden.

V 9 | Viele Menschen aus den "Völkern und Stämmen und Sprachen und Nationen", werden die Leichname sehen können (Fernsehen, Social Media, usw.) Der gottlose Charakter dieser Menschen wird darin offenbar, wie sie es in gleicher Weise wie das Tier nicht erlauben wollen, die Leichname zu begraben. Sie ergötzen sich an der Verunehrung dieser beiden Propheten Gottes! Endlich müssen sie Gottes Botschaft nicht mehr ertragen.

Von Satan inspiriert wird die Schändung der Leichname der zwei Zeugen 3½ Tage dauern. Das ist eine verhältnismässig kurze Zeit, verglichen mit dem ewigen Gericht über die gottlosen, rebellischen und götzendienerischen Menschen. Erstaunlich ist die Parallelität zwischen der Länge des öffentlichen Dienstes des Herrn Jesus Christus und der Dienstlänge der beiden Zeugen, nämlich 3½ Jahre. Auch die Zeit bis zur Auferstehung (3½ Tage) ist erstaunlich.

10 Und die, die auf der Erde wohnen, freuen sich über sie und frohlocken und werden einander Geschenke senden, weil diese zwei Propheten, die quälten, die auf der Erde wohnen.

V 10 | Der Tod der zwei "Propheten" löst weltweit Freude, Jubel und Feststimmung aus. Aus Freude am Tod dieser beiden Zeugen Gottes, werden sich die Menschen einander Geschenke zusenden. Dass die Welt sich über ihren Tod freut und sogar Geschenke austauscht, zeigt die völlige Verderbtheit der Tiergeneration: Was eigentlich eine Tragödie ist, der Tod von Gottes Zeugen, wird wie ein Fest gefeiert. Doch die Freude der Welt wird nur von kurzer Dauer sein. Gottes Macht und Gericht werden unmittelbar offenbar werden, denn der Tod der Zeugen ist nicht das Ende. Hier ist anzumerken, dass in der Trübsalszeit diese 3½ Tage das erste- und auch das letzte Mal von Freude und Jubel bei denen sein wird, "die auf der Erde wohnen."

Die Auferstehung der zwei Zeugen | 11,11-13

11 Und nach den drei Tagen und einem halben kam der Geist des Lebens aus Gott in sie, und sie stellten sich auf ihre Füße; und große Furcht fiel auf die, die sie anschauten.

V 11 | Nach 3½ Tagen haucht Gott den beiden Leichnamen den Geist des Lebens ein und sie werden wieder völlig lebendig (Vgl. Gen 2,7; Gen 7,15.22; Hes 37,5.10). Die Feststimmung findet ein jähes Ende und "grosse Furcht fiel (prophetisches Perfekt) auf" die gaffenden Gotteshasser. Durch die übernatürliche Auferweckung der beiden Zeugen demonstriert Gott vor allen Menschen Seine Macht und seine allumfassende Autorität.

12 Und ich hörte eine laute Stimme aus dem Himmel zu ihnen sagen: Steigt hier herauf! Und sie stiegen in den Himmel hinauf in der Wolke, und ihre Feinde schauten sie an.

V 12 | Der HERR Jesus selbst ruft "mit lauter Stimme" nun seine beiden Zeugen zu sich hinauf (Vgl. 1,18). Die Stimme des HERRN Jesus bekennt sich vor allen Menschen zu diesen beiden Zeugen (Vgl. Mt 3,17; Mt 17,5; Mk 1,11; Mk 9,7; Lk 3,22; 2Petr 1,17). Auf Befehl des Allmächtigen nun steigen die beiden Zeugen in der Herrlichkeits-Wolke (Schechina) in den Himmel hinauf (Vgl. Apg 1,9). Ihre glorreiche Himmelfahrt ähnelt derjenigen von Elia (2Kö 2,11), und der Gemeinde bei der Entrückung (1Thess 4,17).

Die Gotteshasser müssen nun selbst Zeugen sein, wie Gott seine treuen Zeugen rechtfertigt und wie Gott sie siegreich in seine Herrlichkeit aufnimmt. Sie aber bleiben zurück auf der Erde und werden den nun unmittelbar folgenden Gerichten nicht entrinnen können.

13 Und in jener Stunde geschah ein großes Erdbeben, und der zehnte Teil der Stadt fiel, und 7000 Menschennamen kamen in dem Erdbeben um; und die Übrigen wurden von Furcht erfüllt und gaben dem Gott des Himmels Ehre.

V 13 | Noch "in jener Stunde" der Himmelfahrt der beiden Zeugen, wird die Stadt Jerusalem von einem grossen Erdbeben heimgesucht. Schon beim Öffnen des sechsten Siegels haben wir von einem grossen Erdbeben gelesen (6,12). Dieses grosse Erdbeben hier erfolgt nun unmittelbar vor der siebten Posaune. Von einem dritten (unvergleichlichen) grossen Erdbeben werden wir bei der siebten Schale lesen (16,17-19).

Als Folge des grossen Erdbebens wird "der zehnte Teil" Jerusalems vernichtet werden und "7000" Bewohner werden getötet. Die Übrigen fürchteten sich und "gaben dem Gott des Himmels Ehre".

Ende der zweiten Wehe und Übergang zur dritten Wehe | 11,14

14 Das zweite Wehe ist vorüber; siehe, das dritte Wehe kommt bald.

V 14 | Dieser Vers dient als ein Übergangsvers (Vgl. 9,12). Er bezieht sich auf das Ende des "zweiten

Wehe" (der sechsten Posaune | 9,21) und verbindet dieses Gericht mit dem "dritten Wehe" (der siebten Posaune). Das letzte Wehe wird "bald", d.h. schnell (Vgl. 2,16; 3,11; 22,7.12.20) auf die zweite Wehe folgen. Dies legt dar, dass die Siegel-, Posaunen- und Schalengerichte in chronologischer Reihenfolge auftreten werden.

Anmerkung zum Wort "bald" (8x in Offb): Im Griechischen steht für das "bald" "en tachei". Von diesem Begriff leitet sich das Wort "Tachometer" (Geschwindigkeitsmesser) ab. Der Begriff bedeutet "in einer Schnelle" oder "plötzlich" (Hinweis: der Kontext entscheidet, ob "schnell" oder "plötzlich" gemeint ist). In diesem Kontext bedeutet es, dass das Gericht plötzlich und unerwartet über die Menschen kommen wird.

„Das zweite „Wehe!“ ist vorüber“ (V 14). Das bedeutet auch, dass der Einschub (10,1-11,13) abgelaufen ist und wir nun bei der siebten und letzten Gerichtsposaune angelangt sind. "... siehe, das dritte Wehe kommt bald." Ich wiederhole, dass die sieben Posaunen in eine Vierergruppe und in eine Dreiergruppe aufgeteilt sind. Die ersten vier haben wir in Offb 8 besprochen. Die letzten drei Posaunengerichte werden das erste, zweite und dritte „Wehe“ genannt, weil sie noch schrecklicher als die vorigen sind. Das erste „Wehe“ kommt aus dem Schlund des Abgrunds (9,1-12); das zweite „Wehe“ kommt vom Euphrat (9,13-21); das dritte "Wehe" kommt aus dem Himmel, vom Herrn Jesus selbst."[1]

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[1] Willem Ouweneel – Das Buch der Offenbarung

Siebte Posaune (drittes Wehe) | 11,15-19

15 Und der siebte Engel posaunte: Und es geschahen laute Stimmen in dem Himmel, die sprachen: Das Reich der Welt unseres Herrn und seines Christus ist gekommen, und er wird herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit.

V 15 | "Der siebte Engel posaunte" und kündigt damit das letzte Posaunengericht an. Das Gericht wird hier nur angekündigt und in Kp 16 ausgeführt. Dieses Gericht erstreckt sich bis zum zweiten Kommen des Herrn Jesus einschliesslich der sieben Schalen beschrieben in Kapitel 16. Laute Stimmen aus dem Himmel kündigen das Reich des Vaters und Seines Sohnes Jesus Christus und seine ewige Herrschaft an. Obwohl es noch 3½ Jahre dauert bis zum zweiten Kommen des Herrn, bilden die verbleibenden Gerichte und Ereignisse die abschliessenden Vorbereitungen zur Wiederkunft des Messias Israels. Die siebte Posaune wird nun alles zu einem Ende führen und gleichzeitig das 1000-jährige Friedensreich des Königs Jesus Christus vorbereiten. Die Herrschaft des Königs Jesus Christus beschränkt sich nicht nur auf die Zeit des Friedensreiches, sondern "er wird herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit." (Vgl. Ps 145,13; Jes 9,5-6; Lk 1,33).

16 Und die vierundzwanzig Ältesten, die vor Gott auf ihren Thronen sitzen, fielen auf ihre Angesichter und beteten Gott an

V 16 | Dieser Vers zeigt die unmittelbare Reaktion des Himmels auf das, was Gott auf der Erde tut, insbesondere auf die Herrschaft, die Er als König über die Welt übernimmt. "Die vierundzwanzig Ältesten, die vor Gott auf ihren Thronen sitzen, fielen auf ihre Angesichter und beteten Gott an." Sie sitzen auf Thronen, in königlicher und priesterlicher Stellung (Vgl. 1,6; 5,10). Die Anbetung im Himmel in der Trübsalszeit steht im Kontrast zum sündigen, rebellischen und götzendienerischen Verhalten der Menschen, die auf Erden wohnen.

17 und sprachen: Wir danken dir, Herr, Gott, Allmächtiger, der da ist und der da war, dass du deine große Macht angenommen und die Herrschaft angetreten hast!

V 17 | Dieser Vers ist Teil des Lobpreises der "vierundzwanzig Ältesten" und richtet sich an den "Herr, Gott, Allmächten", der jetzt seine Königsherrschaft auf der Erde angetreten hat. Bemerkenswert ist, dass Gott hier als "der da ist und der da war" bezeichnet wird – im Gegensatz zu früheren Formulierungen wie "der da ist und der da war und der da kommt" (vgl. 1,8; 4,8). Der Ausdruck "der da kommt" fehlt hier, weil die Herrschaft nun eingetreten ist, denn Er hat "große Macht angenommen und die Herrschaft angetreten".

18 Und die Nationen sind zornig geworden, und dein Zorn ist gekommen und die Zeit der Toten, gerichtet zu werden, und den Lohn zu geben deinen Knechten, den Propheten, und den Heiligen und denen, die deinen Namen fürchten, die Kleinen und die Großen, und die zu verderben, die die Erde verderben.

V 18 | "Die Nationen sind zornig geworden" – Dies beschreibt den bewussten rebellischen Widerstand gegen Gottes Herrschaft. Doch nun ist Gottes eigener "Zorn gekommen", um dem Bösen ein Ende zu setzen. Es ist die festgesetzte Zeit, in der "die Toten gerichtet werden". Gleichzeitig ist es die Stunde der Belohnung für alle, die ihm treu gedient haben, nämlich Seinen "Knechten, den Propheten, und den Heiligen und denen, die deinen Namen fürchten, die Kleinen und die Großen."

Zugleich bringt er Gericht über diejenigen, "die die Erde verderben." Gemeint sind jene Menschen, die durch ihre Rebellion, Gewalt und Gottlosigkeit Gottes Schöpfung und Gottes Ordnungen zerstören. Der HERR kommt mit Gerechtigkeit, um die Seinen zu belohnen und die Zerstörer zu richten.

19 Und der Tempel Gottes, der in dem Himmel ist, wurde geöffnet, und die Lade seines Bundes wurde in seinem Tempel gesehen; und es geschahen Blitze und Stimmen und Donner und ein Erdbeben und ein großer Hagel.

V 19 | Johannes sah, wie der "Tempel Gottes, der in dem Himmel ist" geöffnet wird (Vgl. Hebr 9,24). Dieses Kapitel begann mit der Vermessung des Tempels und schliesst mit der Öffnung des Tempels. Bei der Vermessung handelte es sich um den irdischen Tempel der Trübsalszeit. Doch nun ist vom ursprünglichen, himmlischen Tempel die Rede. Dort wurde die Bundeslade sichtbar, als Zeichen der Erinnerung an Gottes Bund, an seine Treue, seine Gegenwart und seine Erlösung. Selbst mitten im Gericht hält Gott den Menschen weiterhin sein Gnadenangebot vor Augen!

"Blitze und Stimmen und Donner und ein Erdbeben und ein großer Hagel." - Gottes Gegenwart wird nun nicht länger verborgen bleiben, sein Heiligtum ist geöffnet, "die Lade seines Bundes" sichtbar, und seine Herrlichkeit entfaltet sich mit Macht. Gott greift ein, erschüttert das Bestehende und kündigt durch diese Zeichen das kommende Gericht und die endgültige Durchsetzung seines Reiches an. Es ist ein Vorgeschmack auf das, was nun bald in grossem Massstab sich über diese Erde ergiessen wird - der HERR ist nahe!



 

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