Nachdem Gott geantwortet hatte, waren alle Beanstandungen Habakuks ausgeräumt und alle Fragen geklärt. Nun folgt ein prophetisches Gebet, in dem Habakuk Dinge sah, die viele Jahre in der Zukunft liegen.

V 1 | Der Verfasser diese Gebets ist Habakuk. "Nach Schigjonot" bezieht sich auf eine bestimmte musikalische Begleitung des Gebets. So war es die Absicht Habakuks, dass dieses Siegeslied im Tempelgottesdienst (als Gebet) gesungen wird.

V 2a | In diesem letzten Teil des Buches wurde Habakuk in einer Vision in eine Zeit versetzt, die viele Jahre in der Zukunft liegt. Während sich die ersten beiden Kapitel sich primär mit der unmittelbaren Zukunft befassten, so geht es in Kapitel 3 um die Zeit kurz vor dem zweiten Kommen des Herrn Jesus.

In seiner Vision sieht sich Habakuk als Teil des gläubigen Überrestes in der Trübsal. Der treue Überrest sind diejenigen, die während der Trübsal zum Glauben an den Herrn Jesus kommen.

Stellvertretend für den gläubigen Überrest in der Trübsal sagte Habakuk: "HERR, ich habe deine Kunde vernommen. " Diese "Kunde" (Botschaft) ist die gute Nachricht von der Wiederkunft des Messias. In der Offenbarung lesen wir von zwei Verkündigungs-Gruppen. Einerseits die 144'000 Juden aus Offb 7 und andererseits die zwei Zeugen aus Offb 11.

V 2b | "HERR, belebe dein Werk inmitten der Jahre, inmitten der Jahre mache es kund; im Zorn gedenke des Erbarmens!" Das Wort Jahre bezieht sich auf die sieben Jahre der Trübsal. Der Ausdruck "inmitten der Jahre" bedeutet, dass es in der Mitte der Trübsal eine vorübergehende Unterbrechung der göttlichen Gerichte Gottes geben wird. Im Namen des gläubigen Überrestes betet Habakuk ergriffen von Ehrfurcht, dass Gott sein Werk des Gerichts zu einem Ende bringen soll (verwirklicht). Sein Gebet lautete: "HERR, belebe dein Werk!"

Zum besseren Verständnis der verbleibenden Verse sollen an dieser Stelle die sieben Phasen der Harmagedon-Auseinandersetzung zusammenzufassend werden. Die Harmagedon-Auseinandersetzung wird sich am Ende der Trübsal ereignen und beschreibt die verschiedenen Phasen der physischen Befreiung des gläubigen Überrests Israels, Jerusalems und der ganzen Welt von den Feinden Gottes!

Nach seiner Bitte, die Gerichte in der Trübsal zu einem Ende zu bringen gibt uns Habakuk eine Schilderung über das zweite Kommen des Herrn Jesus. Habakuk nennt fünf Punkte betreffend des zweiten Kommens des Herrn.

V 3a | Habakuk nennt den Ort der Wiederkunft des Herrn: Teman. Teman ist eine Stadt im Gebirge Seir, im Land Edom oder im südlichen Jordanien, gleich nördlich der Stadt Bozra (Petra). Der Berg Paran liegt im südlichen Negev, auf der anderen Seite der Arabischen Halbinsel gegenüber dem Berg Seir. Gemäss Mich 2,12-13; Jes 34,1-6; 63,1-7 wird die Stadt Bozra (Petra) der erste Ort des zweiten Kommens sein. Habakuk beschreibt in diesem Vers den Weg, den der Herr Jesus mit den seinen in der Harmagedon-Auseinandersetzung nehmen wird. Angefangen in Bozra wird er nach Teman kommen. Von Teman aus wird er den Berg Seir hinabsteigen, die eigentliche Arabische Wüste durchqueren und über den Berg Paran in das Land Israel eindringen - von Südosten kommend. Der Herr Jesus wird bei seinem zweiten Kommen also aus der Richtung von Teman in Edom und dem Berg Paran im südlichen Negev nach Israel zurückkehren.

V 3b-5 | Das zweite Kommen des Herrn Jesus wird in Verbindung mit der Herrlichkeit (Schechina) Gottes erfolgen. Hier werden fünf Dinge bezüglich Seiner Wiederkunft erwähnt (Vgl. Sach 14, Mt 24,2-31)

- Die Herrlichkeit bedeckt den Himmel und erfüllt die Erde
- Die Herrlichkeit wird in Glanz erscheinen (wie das Licht der Sonne)
- Strahlen gehen von seiner Seite (Händen) aus
- Dieses helle Licht verbirgt seine Macht
- Die Herrlichkeit hat tödliche Folgen für die Feinde Gottes

V 6-7 | Diese beiden Verse beschreiben in bildlicher Sprache die überwältigende Erscheinung des Messias-Gottes, die die gesamte Schöpfung und alle "Nationen" erzittern lässt. "Er stand da" und war nun bereit, zugunsten der Seinen einzugreifen. Allein Seine Gegenwart erschüttert die "Berge der Vorzeit" und die "Nationen" werden von Furcht ergriffen, wenn der HERR Jesus erscheinen und gegen sie vorgehen wird. Besonders erwähnt werden zwei Nationen: Kuschan und Midian.

V 8 | Hier wurde die Frage aufgeworfen, warum der HERR erscheinen wird.  Weder "gegen die Ströme" noch "gegen das Meer". Damit erinnerte der Prophet die Leser an frühere wundersame Taten Gottes, bei denen Gott das Rote Meer und den Jordan teilte. Beides waren Schlüsselereignisse in der Geschichte des jüdischen Volkes, durch die Gott Befreiung und Wohlwollen wirkte. Dieses Mal gibt es jedoch andere Gründe.

V 9 | Dieser Vers gibt Antwort. Der "entblösste Bogen" bedeutet, dass Gott zum Kampf bereit ist. Er wird nun aktiv und greift für alle Menschen sichtbar in das Weltgeschehen ein. Die Zeit der Nationen neigt sich dem endgültigen Ende zu, und die Langmut Gottes geht zu Ende. Der "Bogen" ist "entblösst", also nicht mehr verborgen oder friedlich zurückgehalten, sondern bereit, das Böse zu vernichten und alles Gläubige zu retten!

Der Herr kommt, um Seines Wortes wegen, welches er "geschworen" hatte. Damit sind die Bundesverheissungen Gottes gemeint, durch die sich der Gott Israels sich für immer mit dem jüdischen Volk verbunden hat. Der Herr wird kommen, wie er es den Vätern verheissen hat, um Sein Volk zu retten. Der HERR wacht über sein Wort und bringt es zur Erfüllung.

V 10-11 | Die Gerichte während der Trübsal werden tiefgreifende Auswirkungen auf die sichtbare und vermutlich auch auf die unsichtbare Welt haben. Erdbeben, Unwetter und kosmische Katastrophen werden die Schöpfung massiv erschüttern. Die Trübsalszeit, die durch das zweite Kommen des HERRN Jesus abgeschlossen werden wird, wird universale Konsequenzen nach sich ziehen- sei es auf der Erde, im Himmel oder im gesamten Kosmos.

V 12 | Mit grossem "Grimm durchschreitet der HERR die Erde" und "stampft" (verdrischt) die Völker, wie man Weizen drischt (Vgl. Jes 63,1-6). Er wird die feindlichen Nationen zerstampfen, wie ein Ochse den Weizen beim Dreschen. Die Verse 12-15 zeigen Gottes Macht aus der Sicht der Feinde Seines Volkes.

V 13a | Der Herr wird kommen, "zum Heil deines Gesalbten", d.h. um Sein Volk (gläubiger Überrest) zu retten! Zuerst werden sie geistlich gerettet, indem sie seinen Namen anrufen, anschliessend werden sie bei Seinem Erscheinen physisch gerettet.

V 13b-14a | Nun wird der Fall des endzeitlichen Diktators, des Antichristen und seiner Anführer beschrieben.

Erstens: "Du zerschmettertest das Haupt vom Haus des Gottlosen". Nach 2Thess 2,8-9 wird der Antichrist durch die Erscheinung des Herrn Jesus durch den Hauch Seines Mundes vernichtet.
Zweitens: "Du durchbohrtest mit seinen eigenen Spießen die Häupter seiner Scharen." Mit "Häupter" sind hier die Anführer der gottlosen Nationen gemeint, die gegen den gläubigen Überrest vorgehen wollen. Sie werden aber "durchbohrt mit seinen eigenen Spießen", d.h., die Mittel, mit denen die Feinde töten und zerstören wollten, werden sich schliesslich in tödlicher Weise gegen sie selbst wenden.

V 14b-15 | Das zweite Kommen des Herrn Jesus bedeutet den Untergang der heidnischen Nationen. Nach dem Tod des endzeitlichen Diktators und des Antichristen werden alle im Land Israel versammelten Armeen vollständig vernichtet. Ihr Ziel war es, Israel "zu zerstreuen", doch nun sind sie selbst diejenigen, die zerstreut, zertreten und "verschlungen" werden. Nach Offb 14 wird dies dazu führen, dass das Blut dieser Armeen bis zum Zaumzeug eines Pferdes reichen wird.

V 16 | Die Verkündigung der kommenden Harmagedon Auseinandersetzung wird Furcht und Zittern auslösen. Habakuk, der im Namen des gläubigen Überrestes spricht, nennt den Grund für die Furcht: "⟨…⟩ der ich ruhen werde am Tag der Drangsal, wenn derjenige gegen das Volk heranzieht, der es angreifen wird." Er ist sich bewusst, dass Gott dieses Wort zur Erfüllung bringen wird. Diese prophetischen Ankündigungen beinhalten nicht nur die guten Dinge über das kommende Friedensreich, sondern auch das Gericht, das dem Friedensreich vorausgeht. Auch dieses Gebet findet in seinem prophetischen Kontext mitten in der Trübsal statt, so dass er weiss, dass er die Invasion der feindlichen Armeen abwarten muss, bevor er die Wiederkunft des Messias erleben wird.

V 17 | Dieser Vers beschreibt den zukünftigen Verlust aller lebenswichtigen Ressourcen. Insbesondere werden der Verlust an Ernte und Viehbestand aufgeführt. Obwohl viele Dinge der Grundversorgung in der Trübsalszeit nicht mehr verfügbar sein werden, löst das beim gläubigen Überrest weder Unglauben noch Verzweiflung aus. Sie halten inmitten grosser Bedrängnis am Glauben fest und werfen ihre Zuversicht nicht weg, denn die Belohnung ist nahe (Vgl. Hebr 10,35)!

V 18-19 | Im Gegenteil, der gläubige Überrest wird glaubensvoll proklamieren: "Ich aber, ich will in dem HERRN frohlocken, will jubeln in dem Gott meines Heils." und "Der HERR, der Herr, ist meine Kraft". Die Füsse des gläubigen Überrests werden wie Hirschfüsse sein, das heisst, sie werden einen sicheren Stand haben, und sie werden "einherschreiten auf meinen Höhen", was "völliges Vertrauen" bedeutet (Vgl. 2Sam 22,34; Ps 18,33). Nur der Glaube erkennt, dass der HERR Jesus Christus letztendlich den Sieg davontragen wird.

Als Habakuk mit dem Schreiben dieses Buches begann, stand er kurz davor, an seiner Not zu zerbrechen. Überall sah er nur Zerstörung, Gewalt, Streit, Konflikte, Ungerechtigkeit und Bosheit. Doch er suchte das Angesicht Gottes und sein Gebet blieb nicht ohne Antwort. Der HERR erhörte ihn nicht "nur", sondern stärkte ihn in seinem Glauben und Vertrauen. Habakuk begann im Dunkel der Tiefe, doch er endete auf der Höhe des Glaubens. In einer Welt, in der Sünde und Gottlosigkeit scheinbar unaufhaltsam überhandnehmen, erkannte der Prophet, dass Gottes Plan weit über sein eigenes Leben hinausreicht. Deshalb war er bereit, sich ganz dem Herrn anzuvertrauen und ihm weiter zu vertrauen.

Obwohl Habakuk nicht alles über das Wirken und Handeln Gottes verstehen konnte und obwohl er in Frage gestellt hatte, dass Gott ein sündigeres Volk zur Bestrafung eines weniger sündigen Volkes einsetzt, hatte Habakuk zwei wichtige Lektionen gelernt.

Erstens: Der Gerechte soll sein Leben mit ausharrendem Glauben leben, auch wenn er nicht verstehen kann, warum Gott Dinge tut, wie er sie tut.

Zweitens: Der Gerechte darf aus Glauben erkennen, dass alle Ungerechtigkeiten mit dem zweiten Kommen des Herrn Jesus ein für alle Mal berichtigt und geklärt werden