Habakuk Kapitel 1
A Zwei Fragen | 1,1-4
1 Der Ausspruch, den Habakuk, der Prophet, geschaut hat. 2 Wie lange, HERR, habe ich gerufen, und du hörst nicht! Ich schreie zu dir: „Gewalttat!“, und du rettest nicht. 3 Warum lässt du mich Unheil sehen und schaust Mühsal an? Und Verwüstung und Gewalttat sind vor mir, und Streit entsteht, und Hader erhebt sich.
V 1-3 | In seinem Unverständnis stellte der Prophet zwei Fragen:
Die erste Frage finden wir in V 2: Wie lange? Habakuk erklärte, dass er schon lange im Gebet um Gottes Hilfe bat. "Wie lange, HERR, habe ich gerufen, und du hörst nicht! Ich schreie zu dir: „Gewalttat!“, und du rettest nicht." Der Prophet schrie verzweifelt um Hilfe wegen der "Gewalttat", d.h. wegen der Verdorbenheit, der gewaltsamen Unterdrückung und des Unrechts in Juda. Gott aber antwortete scheinbar nicht. Herr, wie lange willst du die Sünde im Volk dulden?
Das führte zur zweiten Frage (V 3). Warum? Herr, warum lässt du diese Sünde zu! Herr, warum greifst du nicht ein! Habakuk sah den moralischen Niedergang Judas, und er sah, wie Gewalt, Unterdrückung, Streit und Zwietracht zunahmen. Er war sichtlich entsetzt darüber, dass Gott dies offenbar duldete, ohne sofort einzugreifen.
4 Darum wird das Gesetz kraftlos, und das Recht kommt niemals hervor; denn der Gottlose umzingelt den Gerechten: Darum kommt das Recht verdreht hervor.
V 4 | In der Folge führte Habakuk zwei Folgen der scheinbaren Gleichgültigkeit Gottes gegenüber den Sünden des Volkes an: Zunächst wurde das göttliche Gesetz (Torah) nicht mehr beachtet und ist dadurch "kraftlos" geworden. Die Richter sprachen keine gerechten Urteile mehr aus, sodass die "Gerechten" von den "Gottlosen" bedrängt wurden.
B Erste Antwort von Gott | 1,5-11
B-1 Werk(zeug) des Gerichts Gottes | 5-6a
5 Seht unter den Nationen und schaut und erstaunt, staunt; denn ich wirke ein Werk in euren Tagen – ihr würdet es nicht glauben, wenn es erzählt würde. 6 Denn siehe, ich erwecke die Chaldäer.
V 5-6a | Gott machte nun deutlich, dass Er die Sünden Judas nicht länger ungestraft lassen würde. Seine Botschaft war klar: "Seht unter den Nationen und schaut und erstaunt, staunt; denn ich wirke ein Werk in euren Tagen". Gott kündigte an, dass eine Nation aufsteigen werde, mit der niemand rechnete: Babylon. Dass aber gerade Babylon zur neuen Grossmacht werden sollte, war für viele unvorstellbar. Alle waren auf Assyrien und Ägypten fixiert, Babylon hingegen hatten sie nicht auf der Rechnung. Das war auch ein Grund, warum man der Botschaft Jeremias nicht geglaubt hatte. Gott aber liess sein Volk nun unmissverständlich wissen, dass Babylon ein Gerichtswerkzeug sein werde, und zwar noch zu Lebzeiten der Zuhörer.
B-2 Charakter Babylons | 6b-11
6b das grimmige und ungestüme Volk, das die Breiten der Erde durchzieht, um Wohnungen in Besitz zu nehmen, die ihm nicht gehören. 7 Es ist schrecklich und furchtbar; sein Recht und seine Hoheit gehen von ihm aus. 8 Und schneller als Leoparden sind seine Pferde und rascher als Abendwölfe; und seine Reiter sprengen daher, und seine Reiter kommen von fern, fliegen herbei wie ein Adler, der zum Fraß eilt. 9 Sie kommen allesamt zur Gewalttat; das Streben ihrer Angesichter ist vorwärts gerichtet, und Gefangene rafft es zusammen wie Sand. 10 Und es verspottet Könige, und Fürsten sind ihm ein Gelächter; es lacht jeder Festung, und es schüttet Erde auf und nimmt sie ein. 11 Dann fährt es daher wie der Wind und zieht weiter und macht sich schuldig: Diese seine Kraft ist sein Gott!
V 6b-11 | Nun wird der Aufstieg Babylons beschrieben. Gott beschreibt die "Chaldäer" (Babylon) als ein grausames und unbarmherziges Volk. Babylon wird in der Folge mit sechs Merkmalen beschrieben:
- Grimmig, ungestüm und räuberisch
- Schrecklich, furchtbar und von den anderen Nationen unabhängig. (V 7)
- Mit den Tieren (Leopard, Pferd und Adler) wird die Eroberungsgeschwindigkeit beschrieben und mit dem Bild des Wolfes aber auch die Grausamkeit der Eroberungen Babylons dargestellt. (V 8)
- Nichts und niemand scheint ihren Eroberungsdrang aufhalten zu können. Sie machen Kriegsgefangene wie Sand am Meer. (V 9)
- Sie "verspotten" alle Könige und Fürsten und "lacht jeder Festung". Sogar das uneinnehmbare Ninive wurde erobert. (V 10)
- Sie glauben, dass sie ihre Macht und ihren Erfolg sich selbst zu verdanken haben, ihre Stärke haben sie zu ihrem Gott gemacht und sie rühmen sich ihrer eigenen Macht. Dies wird unweigerlich zum Untergang Babylons führen. Sie glauben, dass sie ihre Macht und ihren Erfolg sich selbst zu verdanken haben, ihre Stärke haben sie zu ihrem Gott gemacht und sie rühmen sich ihrer eigenen Macht. Dies wird unweigerlich zum Untergang Babylons führen. Ein Leben ohne Gott und ein Vertrauen auf die eigene Stärke ist selbstzerstörerisch.
Kurze Zusammenfassung
Habakuk klagte über die Sünde und Gewalttat im Volk Juda und fragte, wie Gott all dies einfach geschehen lassen könne, ohne einzugreifen. Doch Gott antwortete ihm, dass Er das Unrecht keineswegs dulden werde. Im Gegenteil: Wegen der Schuld Judas werde Er schon bald Gericht halten, und zwar durch die Chaldäer (Babylonier), Seine von Ihm auserwählte "Zuchtrute". Diese Antwort traf Habakuk völlig unerwartet. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Gott ausgerechnet ein götzendienerisches und noch grausameres Volk wie die Babylonier gebrauchen würde, um sein eigenes Volk zu züchtigen. So war Gottes Antwort für den Propheten zunächst schwer zu verstehen und nachzuvollziehen. Sie löste neue Fragen in ihm aus, was zu einem weiteren Dialog zwischen ihm und Gott führte.
C Dritte Frage | 1,12-2,1
Zunächst hatte Habakuk beanstandet, dass Gott bezüglich Sünde und Gewalttat Judas nichts unternimmt. Als Gott den Propheten eines Besseren belehrt hatte, war dieser mit Gottes Lösung und Gericht nicht wenig überfordert. Dies führte zu einer weiteren Beanstandung Habakuks gegenüber Gott und Seinem Wirken.
C-1 Habakuks Glauben | 12
12 Bist du nicht von alters her, HERR, mein Gott, mein Heiliger? Wir werden nicht sterben. HERR, zum Gericht hast du es gesetzt, und, o Fels, zur Züchtigung es bestellt.
V 12 | Habakuk begann seinen Dialog mit Gott mit einer Aussage seines persönlichen Glaubens. "Mein Gott, mein Heiliger!" Habakuk lebte eine lebendige und persönliche Beziehung mit dem Gott Israels. So konnte er ausrufen: "Wir werden nicht sterben!" Für den Propheten war der HERR ein "Fels"! D.h., dass der HERR der gleiche ist, gestern, heute und in Ewigkeit!
Gott wird Juda wegen seiner Sünde züchtigen müssen, aber Gott wird es niemals zulassen, dass die Juden völlig vernichtet werden. Habakuk erkannte nun die Rolle Babylons in Gottes Plan. Gott hatten den Aufstieg Babylons zur Weltmacht zugelassen, um die Sünde Judas zu bestrafen und um sein Volk zu züchtigen (erziehen). Babylon wird Juda wegen seines andauernden Götzendienstes in die Gefangenschaft wegführen, die Folge dieser Erziehung wird sein, dass nach dem Exil das jüdische Volk von ihrem Götzendienst "geheilt" war – bis heute! Gott benutzte Babylon, um die Sünden Judas zu richten und zu bestrafen, aber das Ziel war Korrektur, nicht Vernichtung!
C-2 Habakuks Problem | 13-17
13 Du bist zu rein von Augen, um Böses zu sehen, und Mühsal vermagst du nicht anzuschauen. Warum schaust du Räubern zu, schweigst, wenn der Gottlose den verschlingt, der gerechter ist als er
V 13 | Wie kann ein heiliger Gott ausgerechnet die bösen und gottlosen Chaldäer (Babylonier) benutzen, um Sein Volk zu züchtigen? Für Habakuk war klar, dass Juda sündig ist und Bestrafung und Züchtigung verdiente. Aber ausgerechnet durch die gottlosen und götzendienerischen Babylonier? Die sind doch viel schlimmer als es Juda je gewesen ist! Tatsächlich hat der Götzendienst seinen Ursprung in Babylon (Vgl. Gen 11,1-9). Dies löste bei Habakuk ein gewisses Mass an Unverständnis aus.
14 und machst die Menschen den Fischen des Meeres gleich, dem Gewürm, das keinen Herrscher hat? 15 Er hebt sie alle mit der Angel herauf, er zieht sie herbei mit seinem Netz und sammelt sie in sein Garn; darum freut er sich und frohlockt. 16 Darum opfert er seinem Netz und räuchert seinem Garn, denn durch sie ist sein Teil fett und seine Speise feist.
V 14-16 | In diesen Versen werden die Völker mit den "Fischen des Meeres" verglichen, wehrlos, ohne Führung und leicht zu fangen. Sie geraten mühelos in das "Netz" Babylons. Das hebräische Wort, das hier mit „Netz“ übersetzt wird, kann auch "Macht" bedeuten. Damit wird deutlich: Babylon fängt die Völker mit seiner überlegenen Kraft und Gewalt ein.
Wie bereits in V 11 angedeutet, schrieben sich die Babylonier ihre Erfolge selbst zu. Sie erkannten Gottes Handeln nicht, sondern verherrlichen sich selbst. Ihre eigene Macht, ihre Grösse und ihre militärischen Triumphe wurden zum Gegenstand ihrer Anbetung. Die Babylonier bildeten sich so viel auf ihre Erfolge ein, dass sie sich im wahrsten Sinne des Wortes selbst beweihräucherten.
17 Soll er deshalb sein Netz ausleeren und beständig darauf ausgehen, Nationen schonungslos hinzumorden?
V 17 | Nun kam beim Propheten die Frage auf die sinngemäss wie folgt lautete: "Darf der König von Babylon die Nationen immer wieder unterwerfen und umbringen?" Dies stellte für Habakuk ein grösseres Problem dar verglichen mit seinem ersten Problem der scheinbaren Untätigkeit Gottes der Sünde Judas gegenüber. Der Prophet fragte sich: "Wie kann Gott ein so sündiges und götzendienerisches Volk gebrauchen, um ein weniger sündiges Volk (Juda) zu züchtigen"?
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