Habakuk Kapitel 2
C-3 Habakuks Erhörungserwartung (2,1)
1 Auf meine Warte will ich treten und auf den Turm mich stellen und will spähen, um zu sehen, was er mit mir reden wird und was ich erwidern soll auf meine Klage.
V 1 | Habakuk hatte seine Klagen vor Gott gebracht und verstanden, dass er auf eine Antwort warten musste. Entschlossen trat er auf seine "Warte" wie ein Wächter, der auf der Stadtmauer seinen Platz einnahm. Er stellte sich auf einen "Turm", und "spähte" aufmerksam, um zu erkennen, was Gott ihm sagen würde. Dabei rechnete er nicht nur mit einer bestätigenden Antwort, sondern auch mit einer möglichen Korrektur. Habakuk wollte verstehen, wie Gott die Sache sieht! Der Kontext macht deutlich, dass die Fragen des Propheten nicht trotzig daherkamen; Habakuk suchte das Angesicht des HERRN mit reinem Gewissen. Dieser Vers veranschaulicht einmal mehr, wie Habakuk eine persönliche Beziehung mit seinem Gott lebte. Gottes Angesicht suchen in Gebet und Wort gehörte zu seinem Dienst und zu seiner Berufung mit dazu.
D Zweite Antwort Gottes | 2,2-20
D-1 Das Gesicht (Vision) | 2-3
2 Da antwortete mir der HERR und sprach: Schreibe das Gesicht auf, und grabe es in Tafeln ein, damit man es geläufig lesen könne;
V 2 | Gott wies Habakuk an, das "Gesicht", das er sehen wird, aufzuschreiben (Vgl. Offb,1,11; 1,19; 2,1; 2,8; 2,12; 2,18; 3,1; 3,7; 3,12; 3,14; 10,4; 14,13; 19,9; 21,5). Er sollte es deutlich auf Steintafeln schreiben, damit es leicht gesehen und gelesen werden kann. So konnte jeder, der die Botschaft gelesen hatte hingehen und sie seinem Nächsten weitergeben (Vgl. Jes 8,1-2). Dies erinnert uns stark an den Auftrag von Jesus an alle Christusgläubigen in alle Welt, d.h. zu seinem Nächsten, zu gehen und das geschriebene Wort Gottes zu verkündigen (Vgl. Mt 28,18-20).
3 denn das Gesicht geht noch auf die bestimmte Zeit, und es strebt zum Ende hin und lügt nicht. Wenn es sich verzögert, so harre darauf; denn kommen wird es, es wird nicht ausbleiben.
V 3 | In diesem Vers gab Gott den Zeitplan für das "Gesicht" an, denn Gott hatte die Zeit dafür "bestimmt". Die Erfüllung des "Gesichts" war also auf eine von Gott bestimmte Zeit festgesetzt, d.h. vorherbestimmt. Der Ausdruck "und lügt nicht" bedeutet, dass sie mit absoluter Gewissheit eintreten wird. Unabhängig davon, wie lange es aus menschlicher Sicht zu dauern scheint, das "Gesicht" wird sich erfüllen. Gott wacht über sein Wort, und bringt es zur Erfüllung (Vgl. Jer 1,12).
D-2 Die Botschaft | 4-5
4 Siehe, aufgeblasen, nicht aufrichtig ist in ihm seine Seele. Der Gerechte aber wird durch seinen Glauben leben.
V 4 | Die Botschaft enthält zwei Dinge. Erstens: Der Ungerechte wird wegen seines Stolzes sterben, der Gerechte hingegen wird durch seinen täglichen und ausharrenden Glauben leben. Der Mensch wird nicht nur durch den Glauben gerettet, sondern er lebt sein ganzes Leben durch seinen Glauben. Nur der Glaube erkennt, dass das Handeln und Wirken Gottes immer richtig und gerecht ist. Der Gläubige darf täglich in tiefem Vertrauen auf den Herrn schauen. ER wird es wohl machen. So wie es David gesungen hat: "5 Befiehl dem HERRN deinen Weg und vertraue auf ihn, und er wird handeln! 6 Und er wird deine Gerechtigkeit hervorkommen lassen wie das Licht, und dein Recht wie den Mittag." (Ps 37,5-6)
5 Und überdies: Der Wein[1] ist treulos; der übermütige Mann, der bleibt nicht, er, der seinen Schlund weit aufsperrt wie der Scheol, und er ist wie der Tod und wird nicht satt; und er rafft an sich alle Nationen und sammelt zu sich alle Völker.
V 5 | Zweitens wird dargelegt, dass der Hochmut der Chaldäer früher oder später zu ihrem Fall führen wird. Des Weiteren wird Babylon als machthungrig und unersättlich beschrieben: "wie der Scheol." (Vgl. Spr 27,20) Die Babylonier waren unersättlich in ihrem Eroberungsdrang. So werden die Chaldäer auch wegen ihrer Gottlosigkeit gerichtet werden (Vgl. Dan 5).
[1] Mac Donald schreibt in seinem AT-Kommentar: Das Weintrinken war eine nationale Sünde Babylons und zweifellos auch Nebukadnezars. Keil schreibt, diese Sucht sei »von Schreibern des Altertums bestätigt …, und es ist uns aus Daniel 5 bekannt, dass Babylon erobert wurde, als Belsazar und die Großen seines Reiches ein wildes Gelage abhielten«. Dazu kam, dass Letztgenannter einen unstillbaren Eroberungsdurst hatte.
Einschub: Unterschiedlichkeit der Betonungen der drei Paulus-Zitate von Hab 2,4b
"Der Gerechte aber wird durch seinen Glauben leben." (2,4b)
17 Denn Gottes Gerechtigkeit wird darin offenbart aus Glauben zu Glauben, wie geschrieben steht: „Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.“ (Röm 1,17)
Im Römerbrief liegt die Betonung auf der Rechtfertigung aus Glauben und nicht durch Werke. Durch einen einzigen Richterspruch Gottes ist der Mensch freigesprochen, vorausgesetzt, er glaubt an das stellvertretende Erlösungswerk Jesu Christi am Kreuz. Im weiteren Verlauf legt Paulus im Röm dar, dass der Mensch nicht "nur" aus Glauben gerechtfertigt (von Gott als gerecht erklärt) worden ist, sondern aus Glauben geheiligt und schlussendlich aus Glauben verherrlicht werden wird. Paulus macht klar, dass der Mensch nicht durch Werke, sondern allein durch den Glauben an den Erlöser-Heiland Jesus Christus gerechtfertigt werden kann!
11 Dass aber durch Gesetz niemand vor Gott gerechtfertigt wird, ist offenbar, denn „der Gerechte wird aus Glauben leben“. (Gal 3,11)
Im Galaterbrief legt Paulus den Akzent auf die Rechtfertigung (von Gott als gerecht erklärt), die nicht aus dem Gesetz kommen kann, sondern allein aus dem Glauben an Christus, den Sohn Gottes. Diese Wahrheit, dass der Mensch nicht aus dem Gesetz, sondern aus dem Glauben gerechtfertigt wird, hat Gott den Juden bereits über 600 Jahre vor dem Kommen des Messias offenbart. Das mosaische Gesetz bietet in sich keine bleibende Rechtfertigung an und musste durch ein Neues Gesetz (Gesetz Christi) abgelöst werden. Dieser "unscheinbare und kleine" Prophet Habakuk hat somit die Grundlage des Evangeliums prophetisch angekündigt!
37 Denn noch eine ganz kleine Zeit, und „der Kommende wird kommen und nicht ausbleiben. 38 Der Gerechte aber wird aus Glauben leben“; und: „Wenn jemand sich zurückzieht, so hat meine Seele kein Wohlgefallen an ihm.“ (Hebr 10,37-38)
Im Hebräerbrief zitiert Paulus den Vers im "praktischen" Teil des Briefes. Es geht um das tägliche, ausharrende und geduldige Leben aus Glauben. In Kp 11 (Hohelied des Glaubens) wird Paulus in der Aufzählung der AT-Glaubenshelden die praktische Umsetzung des Glaubens darlegen (Werke des Glaubens). Mit diesem Zitat ermutigt Paulus die Judenchristen, nicht aus Furcht vor Verfolgung den Glauben zu verlieren. Gott wird zu seiner Zeit seine Verheissungen erfüllen! Wer sich von diesem Glauben zurückzieht, ist dem Herrn nicht wohlgefällig!
Man kann sagen, dass allein die Hebr-Stelle die ursprüngliche Bedeutung betont, nämlich, dass der Gerechte die Kraft für ein gottesfürchtiges Leben nur aus dem täglichen "tun" des Glaubens schöpfen kann. Paulus fordert sie auf: "Werft nun eure Zuversicht nicht weg, die eine große Belohnung hat." (Hebr 10,35). Mit "Zuversicht" sind die Werke des Glaubens gemeint. D.h., dass im Hebr der Akzent nicht auf der Rechtfertigung aus Glauben liegt, sondern auf der Jüngerschaft (das Leben) aus Glauben.
Dies wird im Jakobusbrief ausführlich dargelegt. Oft wurden Paulus und Jakobus "beschuldigt" einander in ihrer "Glaubenslehre" zu widersprechen, doch die Hebr-Stelle zeigt deutlich die Einheitlichkeit der Lehre dieser beiden grossen Apostel Gottes auf. Sie predigten beide das gleiche Evangelium!
C' Fünf Weherufe über Babylon | 2,6-20
C'-1 Erster Weheruf: Babylon wird fallen | 6-8
6 Werden nicht diese alle über ihn einen Spruch und eine Spottrede anheben, Rätsel über ihn? Und man wird sagen: Wehe dem, der aufhäuft, was nicht sein ist – bis wann? –, und der Pfandlast auf sich lädt! 7 Und werden nicht plötzlich aufstehen, die dich beißen, und aufwachen, die dich fortscheuchen werden? Und du wirst ihnen zur Beute werden. 8 Denn du hast viele Nationen beraubt; und so werden alle übrig gebliebenen Völker dich berauben wegen des Blutes der Menschen und der Gewalttat an Land und Stadt und an allen ihren Bewohnern.
V 6-8 | Der erste Weheruf bestand darin, dass die plündernden und raubenden Babylonier dereinst selbst ausgeplündert und beraubt werden. Es wurde angekündigt, dass Babylon erobert werden wird: "du wirst ihnen zur Beute werden."; "alle übrig gebliebenen Völker dich berauben.". Dies hat sich im Jahr 539 v. Chr. durch die Meder und Perser erfüllt (Vgl. Dan 5,30). Ihre eigene Sünde (die Sünde Babylons) wird auf sie zurückfallen.
C'-2 Zweiter Weheruf: Das Königshaus Babylons wird untergehen | 9-11
9 Wehe dem, der bösen Gewinn macht für sein Haus, um sein Nest hoch zu setzen, um sich zu retten aus der Hand des Unglücks! 10 Du hast Schande für dein Haus geplant, die Vertilgung vieler Völker, und hast dein Leben verwirkt. 11 Denn der Stein wird schreien aus der Mauer, und der Sparren aus dem Holzwerk ihm antworten.
V 9-11 | Der zweite Weheruf meinte, dass das Haus (Königshaus) Babylons keinen Bestand haben wird. Alles, was die Babylonier aufbauten, wird zusammenbrechen. Um ihren Machtanspruch abzusichern, hatten die Babylonier hemmungslos gemordet und sich so grosse Schuld aufgeladen. So werden sie dem Gericht Gottes nicht entgehen können.
C'-3 Dritter Weheruf: Babylon hat Gewalt gesät, sie werden Gewalt ernten | 12-14
12 Wehe dem, der Städte mit Blut baut und Städte mit Ungerechtigkeit gründet! 13 Siehe, ist es nicht von dem HERRN der Heerscharen, dass Völker sich fürs Feuer abmühen und Völkerschaften sich vergebens plagen?
V 12-13 | Mit dem dritten Weheruf wurde deutlich: Wer Gewalt sät, wird auch Gewalt ernten. Die Babylonier hatten ihre Städte - allen voran Babylon - mit dem Blut von Sklaven errichtet. Doch was sie mit Gewalt aufgebaut haben, wird durch Feuer wieder zerstört werden.
14 Denn die Erde wird voll der Erkenntnis der Herrlichkeit des HERRN sein, so wie die Wasser den Meeresgrund bedecken.
V 14 | Nun gab Gott Einblick in eine weit in der Zukunft liegenden Zeit. "So wie die Wasser den Meeresgrund bedecken", so wird dereinst "die Erde wird voll der Erkenntnis der Herrlichkeit des HERRN sein." Damit ist die Ankündigung des 1000-jährigen Reiches gemeint. Es wird in Herrlichkeit kommen, während Babylon (zusammen mit Edom) für 1000 Jahre zur Wüste und zur Behausung von Dämonen werden wird (Vgl. Jes 13-14; Jer 50-51; Offb 18).
In diesem dritten Weheruf vermischen sich das Babylon der Vergangenheit und das Babylon der Zukunft. Zunächst spricht der Prophet vom antiken Babylon, jetzt in Vers 14 spricht er von Babylon der Zukunft. Das Gericht wird aber das gleiche sein, denn was Babel gesät hat, wird es ernten. Die Herrlichkeit des Reiches Gottes wird dereinst Babylon ein gewaltsames und endgültiges Ende setzen.
C'-4 Vierter Weheruf: Gottes Gericht über Babylons Schamlosigkeit und Gewalt | 15-17
15 Wehe dem, der seinem Nächsten zu trinken gibt, indem du deinen Zorn beimischst und sie auch betrunken machst, um ihre Blöße anzuschauen! 16 Du hast dich mit Schande gesättigt anstatt mit Ehre: Trinke auch du und zeige dein Unbeschnittensein; der Becher der Rechten des HERRN wird sich zu dir wenden, und schimpfliche Schande wird über deine Herrlichkeit kommen. 17 Denn die Gewalttat am Libanon wird dich bedecken, und die Zerstörung der Tiere, die sie in Schrecken versetzte: wegen des Blutes der Menschen und der Gewalttat an Land und Stadt und an allen ihren Bewohnern.
V 15-17 | Bei diesem vierten Weheruf richtete sich das göttliche Wehe gegen die sittliche und soziale Verderbtheit der Babylonier. Sie, die ihre Macht missbrauchten, um andere zu entwürdigen und auszubeuten. In ihrer Trunkenheit liefen die Babylonier nackt herum und ergötzten sich auch an der Nacktheit der Völker. Gott wird ihnen jedoch keinen Becher mit Wein, sondern "den Becher der Rechten des HERRN" geben. Der "Becher" ist ein Bild für das göttliche Gericht, das nun unentrinnbar über die Babylonier, bzw. die Gottlosen allgemein, kommen wird.
Mit ihrer Nacktheit (physisch sowie geistlich) zeigten die Babylonier, dass sie nicht beschnitten waren. Die Beschneidung war das Zeichen des Bundes mit Abraham. So zeugte ihre Nacktheit von ihrem gottlosen Zustand, indem sie offenlegte, dass sie sich ausserhalb des Bundes Gottes befanden.
Anmerkung: Zwei Kennzeichen der heutigen Medien, insbesondere der Filme, Serien, Games, usw., haben einen "babylonischen" Hintergrund. Diese "modernen" Medien propagieren schamloses sexuelles Verhalten und exzessive Gewalt, insbesondere gegen Frauen.
C'-5 Fünfter Weheruf: Götzendienst wird Babylon nichts nützen | 2,18-20
18 Was nützt ein geschnitztes Bild, dass sein Bildner es geschnitzt hat, ein gegossenes Bild und das Lügen lehrt, dass der Bildner seines Bildes darauf vertraut, um stumme Götzen zu machen? 19 Wehe dem, der zum Holz spricht: „Wache auf!“, zum schweigenden Stein: „Erwache!“ – Er sollte lehren? Siehe, er ist mit Gold und Silber überzogen, und gar kein Odem ist in seinem Innern. 20 Aber der HERR ist in seinem heiligen Palast: Schweige vor ihm, ganze Erde!
V 18-20 | Nun erging der fünfte und letzte Weheruf Gottes über den Götzendienst Babylons. Ihr Götzendienst wird Babylon nichts nützen! Götzendienst ist nicht nur völlig nutzlos, da die Götzen kein Leben in sich haben, sondern nach V 19 auch durch und durch sündhaft. Der Herr, der einzig wahre Gott hingegen wohnt in Seinem "heiligen Palast". Darum sollen die Menschen der ganzen Welt vor Ihm still sein! Diese letzten drei Verse des zweiten Kapitels bilden den Abschluss der fünf Weherufe und richten den Fokus auf die Torheit und Sinnlosigkeit des Götzendienstes. Der unermessliche Kontrast zwischen den stummen, toten Götzen und dem lebendigen Gott, der in seinem "Palast" gegenwärtig ist, wird dem Leser vor Augen geführt.
Kurze Zusammenfassung
Auf Habakuks zweite Beanstandung antwortete Gott: Ja, Gott würde ein sündigeres Volk (Babylonier) benutzen, um ein weniger sündiges Volk (Juda) zu bestrafen. Doch Gott machte auch klar, dass Babylon wegen seiner eigenen Sünde nicht ungeschoren davonkommen wird. Letztendlich werden sie ein doppeltes Gericht erfahren. Einmal, durch die Meder und Perser im Jahr 539 v. Chr. und zweitens auch am Ende der Tage, d.h. am Ende der Zeit der Nationen, beim zweiten Kommen des HERRN Jesus. Der Gerechte aber, der aus Glauben lebt, darf die guten und gerechten Wege Gottes erkennen und leben und so in Gottes Ruhe eingehen (Vgl. Hebr 3-4).
© Copyright
© Bibeltext: Elberfelder Übersetzung (Edition CSV Hückeswagen), © Christliche Schriftenverbreitung, Hückeswagen, alle Rechte vorbehalten, www.csv-bibel.de
© Publikationen: Christliches Zentrum Bern, alle Rechte vorbehalten