Judas Kapitel 1
Verfasser | 1a
1a Judas, Knecht Jesu Christi und Bruder des Jakobus,
1a | Der Autor des Briefes ist Judas, Halbruder des HERRN Jesus. Er stellte sich nicht als Bruder des HERRN vor, obwohl er das tatsächlich war (Vgl. Mt 13,55; Mk 6,3). Stattdessen nennt er sich bescheiden "Knecht Jesu Christi". Der Begriff "doulos" (Knecht, Sklave) drückt völlige Zugehörigkeit und Unterordnung unter Jesus Christus aus. Die Selbstbezeichnung des Autors als "Bruder des Jakobus" ist einzigartig. Kein anderer neutestamentlicher Schreiber stellt sich durch den Hinweis auf seine familiären Verbindungen vor.
Indem er sich ausdrücklich als "Bruder des Jakobus" bezeichnete, machte er seine Identität unmissverständlich deutlich und verwies zugleich auf Jakobus, der Leiter der Gemeinde in Jerusalem war (Vgl. Apg 15,13; Gal 1,19; 2,9), um dadurch dem Brief die nötige Autorität zu verleihen. Da Judas weder in der Apostelgeschichte noch in den übrigen Schriften des NT Erwähnung findet, ist anzunehmen, dass er in der frühen Gemeinde keine leitende Stellung innehatte. Es lag daher nahe, dass er sich mit einer Person identifizierte, die tatsächlich eine Führungsrolle bekleidete, nämlich sein "Bruder Jakobus".
Für Jakobus und Judas (und übrigens auch für Joses und Simon, die anderen Halbbrüder Jesu) war Jesus nicht mehr ihr Bruder, sondern ihr HERR und Messias. Ihre Stellung veränderte sich von der Stellung eines Bruders zu einem niedrigen Sklaven, dem es allein darum geht, den Willen seines HERRN zu tun. Bei allen NT-Autoren spürt der Leser förmlich die Demut, die ihr Leben im Dienst für den Herrn auszeichnete und damit Vorbilder für alle Christusgläubigen sind.
"Judas, Knecht Jesu Christi" - Judas stellte sich nicht als Bruder, nicht mit einem Titel oder Rang vor, sondern schlicht als Knecht. Mit diesem Einstieg setzte er den Ton für seinen gesamten Brief: Das Evangelium entthront den Menschen und gibt allein dem Herrn Jesus Christus den Thron. Judas machte deutlich: Die Nähe zum Messias ist kein Verdienst, sondern Gnade und zugleich Verpflichtung. Wahre Gemeinde braucht keine Stars, sondern Knechte Jesu Christi, die ihr Leben dem Herrn anvertraut haben und Ihm in Gehorsam dienen.
Empfänger | 1b
1b den in Gott, dem Vater, geliebten und in Jesus Christus bewahrten Berufenen.
1b | Der Judasbrief gehört zu den fünf jüdischen Briefen des Neuen Testaments und richtet sich zunächst, wie auch die Petrusbriefe und der Jakobusbrief, an die gläubigen Juden in der Zerstreuung verschiedener römischer Provinzen[1]. Gleichzeitig aber ist er an alle Christusgläubigen geschrieben, also auch an alle Heidenchristen.
Judas bezeichnete die Empfänger als "Berufene" und meinte damit jene Menschen, die sich durch das Wirken des Heiligen Geistes bewusst zum HERRN Jesus hingewandt haben, um durch IHN gerechtfertigt, geheiligt und verherrlicht zu werden. "Berufene" sind gerufen zu einer dauerhaften Beziehung zum HERRN Jesus Christus (Vgl. Röm 8,30; 1Kor 1,9).
Mit "den in Gott, dem Vater, geliebten" meinte der Autor die beständige, gnädige Liebe Gottes des Vaters, durch die die Gläubigen in eine unauflösbare Beziehung zu Ihm gestellt worden sind. Diese Liebe ist der Ursprung ihrer Berufung.
"bewahrten" heisst, dass Christusgläubige unter dem Schutz des allmächtigen HERRN Jesus stehen, nicht nur im gegenwärtigen Glaubensleben, sondern auch im Blick auf das Kommende.
Diese drei Titel: Berufene, Geliebte, Bewahrte, geben uns ein vollständiges Bild des Heils: Vergangenheit: Gott hat berufen; Gegenwart: Gott liebt; Zukunft: Gott bewahrt und vollendet!
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[1] Die inhaltliche Nähe des Judasbriefes zu 2Pt 2 lässt vermuten, dass die Empfänger dieselben waren wie bei den Petrusbriefen. Damit würde Judas jenen Empfängern (1Pt 1,1) die Prophetien aus 2Pt 2 als erfüllt festgehalten haben.
Gruss | 2
2 Barmherzigkeit und Friede und Liebe sei euch vermehrt!
2 | Noch bevor Judas in die ernsten Themen seines kurzen Schreibens eintauchte, richtete er seine Grüsse und Segenswünsche an die Leser. Es ist ein Gebet, dass die Gläubigen, umgeben von Irrlehren, Spaltungen und Prüfungen, reichlich mit dem beschenkt werden sollen, was sie am dringendsten benötigten: "Barmherzigkeit, Friede und Liebe." Diese Gaben sollen ihnen nicht in begrenztem Mass zuteilwerden, sondern "vermehrt", das heisst in stetig wachsendem und sich ausbreitendem Überfluss.
Möge dieses Gebet in unser aller Herzen Frucht wirken, nämlich, dass Gottes Barmherzigkeit uns tröstet, SEIN Friede uns bewahrt und SEINE Liebe uns mehr und mehr erfüllt!
Anlass des Schreibens | 3
3a Geliebte, während ich allen Fleiß anwandte, euch über unser gemeinsames Heil zu schreiben,
3a | Dieser Vers markiert den eigentlichen Beginn des Briefanliegens. In der Folge wird der Autor sich mit einem dringlichen und warnenden Aufruf an die Leser wenden. Judas sprach sie an als "Geliebte", was sowohl persönliche Nähe als auch pastorale Fürsorge zum Ausdruck bringt. Der Ausdruck "allen Fleiß anwandte" beschreibt seinen Eifer für das Werk des HERRN.
Ursprünglich beabsichtigte Judas über das "gemeinsame Heil" zu schreiben. Mit "Heil" ist gemeint, ein Schreiben zu verfassen über das vollkommene Erlösungswerk des HERRN Jesus Christus in Bezug auf die Vergangenheit (Rechtfertigung), die Gegenwart (Heiligung) und die Zukunft (Verherrlichung). Das Wort "gemeinsame" verdeutlicht, dass das "Heil" allen Christusgläubigen aus Gnade zuteilgeworden ist. Der Autor legte dar, dass es nicht verschiedene Arten von "Heil" gibt, sondern wie es Paulus im Gal 3,28 darlegte: "Da ist nicht Jude noch Grieche, da ist nicht Sklave noch Freier, da ist nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus." (Vgl. Röm 10,12; Kol 3,11; Apg 10,34-35).
3b war ich genötigt, euch zu schreiben und zu ermahnen, für den ein für alle Mal den Heiligen überlieferten Glauben zu kämpfen.
3b | "war ich genötigt, euch zu schreiben und zu ermahnen" - Diese Formulierung beschreibt die innere Not des Autors, die dazu geführt hatte, den ursprünglichen Plan über das "gemeinsame Heil" zu schreiben, fallen zu lassen. Er sah sich "genötigt", d.h. innerlich gezwungen, durch bedrohliche Umstände und aufgrund von Gottes Führung, ein brisantes Thema darzulegen und von seinem ursprünglichen Vorhaben abzuweichen. Mit dem Begriff "zu ermahnen" ist nicht bloss eine freundliche Erinnerung gemeint, sondern ein dringlicher Aufruf an die Leser, diesem Brief mit der nötigen Ernsthaftigkeit zu behandeln.
"für den ein für alle Mal den Heiligen überlieferten Glauben zu kämpfen." In diesem Satz finden sich grundlegende Wahrheiten über den "überlieferten Glauben" und auch darüber, was es heisst, dafür "zu kämpfen". Die Formulierung "ein für alle Mal" meint die Endgültigkeit: Der Glaube ist nicht eine fortlaufend neue Offenbarung, sondern wurde den Gläubigen ein für alle Mal übergeben. Damit wird ausgeschlossen, dass später etwas hinzugefügt oder verändert werden dürfte (Spr 30,6; Offb 22,18-19). "Überliefert" bedeutet, dass dieser Glaube nicht menschlichen Ursprungs ist, sondern von Gott durch die Apostel an die Gemeinde weitergegeben wurde. Christen sind nicht Schöpfer, sondern Verwalter dieses Glaubensgutes. Paulus gebrauchte ähnliche Worte, indem er vom "anvertrauten Gut" sprach (2Tim 1,14). Der biblische Glaube ist ein Gut, das Gott Seinem Volk zur Verwaltung anvertraut hat. Das heisst: Der "überlieferte Glaube" ist bleibend, unwiderruflich und wie der, der ihn geoffenbart hat, unveränderlich. Und dieser Glaube ist nicht der Welt gegeben, sondern den Heiligen, das heisst dem Leib Christi, der Gemeinde. Er wird innerhalb der Gemeinde weitergegeben, in der Gemeinde bewahrt und in der Gemeinde verstanden.
Judas forderte die Leser mahnend auf, für diesen "überlieferten Glauben zu kämpfen." Das Wort "kämpfen" kommt aus dem Bereich des Sports oder Wettkampfes und meint ernsthaftes Ringen. Es geht nicht um körperlichen Kampf, sondern um geistliche Hingabe, Einsatz, Mühe und Ausdauer, um den Glauben zu verteidigen und unerschütterlich daran festzuhalten. Damit machte Judas klar: Der biblische Glaube ist ein unveränderliches Gut, das von Gott an die Gemeinde übergeben wurde und nun jeder Christusgläubige mit Nachdruck dazu aufgerufen ist, dieses festzuhalten, zu bewahren, zu leben (Täter des anvertrauten Gutes zu sein), zu verteidigen und weiterzugeben.
"Judas war ursprünglich dabei einen anderen Brief zu schreiben. Einen Brief über das gemeinsame Heil, das heisst über unsere Stellung in Christus mit all seinen Segnungen. Ein sehr freudiges Thema, das daher heute enorm populär ist in den Gemeinden. Es ist viel einfacher über die Liebe und Gnade Gottes zu sprechen und was wir nun alles in Christus haben, aber es gibt eben auch andere enorm wichtige Themen. Für Judas war die Situation mit den Irrlehrern in der Gemeinde sogar so akut, dass er seinen Brief über das gemeinsame Heil aufgab und ihnen nun einen Brief des Kampfes schrieb. Für ihn war es wichtiger sie zu ermahnen für den ein für alle Mal überlieferten Glauben zu kämpfen."[1]
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[1] Michael Briggeler, Predigtnotizen zu Judas Stage ONE, S. 4
Die nebeneingeschlichenen Irrlehrer | 4
4a Denn gewisse Menschen haben sich nebeneingeschlichen,
4a | "Gewisse Menschen" steht im Gegensatz zu "den Heiligen" (V 3). Diese "Menschen" hatten sich "nebeneingeschlichen" (Vgl. 2Pet 2,1). Judas benannte hiermit die konkrete Gefahr, die ihn dazu veranlasst hatte, nicht über das "gemeinsame Heil" zu schreiben, sondern aufrief, für den "ein für alle Mal überlieferten Glauben zu kämpfen." Judas entlarvte diese "Menschen" als Irrlehrer, die sich unbemerkt "nebeneingeschlichen" hatten, was bedeutet, dass ihr wahrer Charakter nicht erkannt wurde, als sie in die Gemeinde kamen. Sie haben sich nicht offen als Gegner des Evangeliums zu erkennen gegeben, sondern traten als Teil der Gemeinde auf. Ihr Wirken und Wesen wurde nicht sofort erkannt, was die Bedrohung umso ernster machte. Was Judas hier beschrieb, war nicht eine Gefahr von Aussen (etwa durch Verfolgung), sondern von Innen. Ihr Auftreten war verborgen, ihr Einfluss jedoch zerstörerisch. Schon Jesus hatte vor falschen Propheten gewarnt, die in Schafskleidern kommen, inwendig aber reissende Wölfe sind (Mt 7,15; vgl. Apg 20,29).
Im Zeitalter des Geheimnisreiches ist die Verantwortung der "Torhüter des Hauses des HERRN" (2Chr 23,19) besonders gross. Ihre Aufgabe bestand darin, die Tore zu bewachen und nur solchen Zutritt zu gewähren, die einen klaren Anspruch und eine Berechtigung dazu hatten. Diese Torhüter-Verantwortung ist im neutestamentlichen Kontext primär der Gemeinde-Leiterschaft übergeben. Doch es ist auch Gottes Auftrag an alle Gemeindeglieder, wachsam zu sein, Unterscheidungsvermögen zu entwickeln und in anhaltendem Gebet für die Gemeinde einzutreten. Offensichtlich waren die Gemeinden jener Zeit nachlässig und es wurde zugelassen, dass "gewisse Menschen" in die Gemeinde eindrangen. Ein solcher Mangel an Wachsamkeit ist auch heute oft zu beobachten. Die Folge war damals wie heute Verwirrung und Verfall.
4b die schon längst zu diesem Gericht zuvor aufgezeichnet waren,
4b | Während die "Torhüter" der Gemeinden versagt hatten, war Gottes "Gericht" "schon längst" über diese Eindringlinge "aufgezeichnet" worden. Ihr Auftreten war vom Geist Gottes vorausgesehen, und die Grundlage ihrer Verurteilung war schon festgelegt und ausgesprochen. Judas machte deutlich, dass das Wort "Gericht" nicht im Sinne einer menschlichen Gerichtsverhandlung zu verstehen ist. Gemeint ist vielmehr das von Gott selbst festgesetzte Strafurteil, nämlich die ewige Verdammnis im Feuersee. Auffällig ist, dass dieses Urteil nicht erst im Augenblick ihres Handelns entstand, sondern dass es schon längst im Voraus von Gott bestimmt und in der Schrift bezeugt wurde. Der Untergang dieser Gottlosen ist weder zufällig noch eine neuartige Entwicklung. Vielmehr stand ihr Gericht seit jeher fest, da Gott in Seiner Allwissenheit ihr verkehrtes Handeln und dessen Folgen bereits vorausgesehen hatte.
Es gibt Heilsgewissheit für jeden Menschen, der an Jesus Christus glaubt, Ihn als HERRN und Erlöser annimmt und Ihm in Gehorsam nachfolgt. Schon Hiob rief aus: "Und ich, ich weiß, dass mein Erlöser lebt, und als der Letzte wird er auf der Erde (Staub) stehen!" – In Gleicherweise gibt es aber auch Gerichtssicherheit für alle Menschen, die den HERRN Jesus Christus zeitlebens ablehnen. Ihre Endstation ist die ewige Verdammnis im Feuersee. Das Märchen der Allversöhnung gehört darum in die Sammlung der Gebrüder Grimm, nicht aber zur biblischen Wahrheit!
4c Gottlose, die die Gnade unseres Gottes in Ausschweifung verkehren und unseren alleinigen Gebieter und Herrn Jesus Christus verleugnen.
4c | Ihr Grundcharakter wurde als "gottlos" beschrieben. Menschen, die keine Ehrfurcht vor Gott hatten, die den HERRN in ihrem Denken, Handeln und in ihren Wegen ausschlossen. Judas nannte zwei zentrale Merkmale, woran die Empfänger seines Briefes den "gottlosen" Charakter dieser nebeneingeschlichenen Menschen erkennen konnten.
Erstens missbrauchten sie die "Gnade unseres Gottes"! Im Kontext sind hier zwei Gruppen gemeint. Zunächst die "Gnade unseres Gottes" für das jüdische Volk, dem der Schuldbrief ein für alle Mal am Kreuz getilgt wurde (Kol 2,14). Jeder Jude, der glaubt, wird damit erlöst vom todwirkenden Joch des mosaischen Gesetzes. Dann aber auch die "Gnade unseres Gottes" für die Nationen, die tot sind in den Vergehungen und in dem unbeschnittenen Zustand ihres Fleisches. Jeder aus den Nationen, der an das vollkommene Erlösungswerk des Juden Jesus Christus glaubt, wird in Ihm lebendig gemacht und alle Vergehungen vergeben (Kol 2,13). Es ist diese Gnade des HERRN Jesus, die sowohl für Juden als auch Heiden durch den persönlichen Glauben wirksam gemacht werden kann. Von den Irrlehrern hingegen, wurde dies nicht für ein Leben in Dankbarkeit, Gehorsam und Heiligung genutzt, sondern als Vorwand für ein Leben in "Ausschweifung" und schändlichem Verhalten. Damit verdrehten sie den eigentlichen Sinn der göttlichen Gnade.
Zweitens verleugneten diese Menschen "unseren alleinigen Gebieter und Herrn Jesus Christus". Damit machte Judas deutlich, dass diese Menschen in antichristlicher Manier nicht nur ein Leben in der Heiligung verwarfen, sondern zugleich auch die Herrschaft und Autorität Christi selbst leugneten.
"Sie verkehrten die Gnade Gottes in Ausschweifung und verleugneten den alleinigen Gebieter und unseren Herrn Jesus Christus. Sie nutzten die Gnade als eine Ausrede für die Sünde; sie verharrten in der Sünde, damit die Gnade überströme (Röm 6,1); und sie verwarfen die Autorität Christi, der in Wirklichkeit ihr einziger Gebieter war (Vgl. 2Pet 2,1). Kurzgesagt, sie widersetzten sich dem Willen Christi, damit sie frei wären, ihren eigenen Willen zu tun. Es handelte sich also um die Durchsetzung des Menschen in der Gemeinde, in der Christus und seine Autorität alles ist. Dies ist der Kern aller Gesetzlosigkeit und war damit wahrer Abfall. … Der Apostel schreibt daher: "Denn schon ist das Geheimnis der Gesetzlosigkeit wirksam; nur ist jetzt der da, der zurückhält, bis er aus dem Weg ist, und dann wird der Gesetzlose offenbart werden." (2Thes 2,7-8a) - Diese Menschen, die sich unbemerkt unter die Heiligen nebeneingeschlichen hatten, waren also die Vorläufer des offenen Abfalls und der Offenbarung des Menschen der Sünde; denn in ihnen regierte derselbe Geist, der sich in ihm in öffentlicherer Weise zeigen wird. Diese gottlosen Menschen gab es in den Tagen Judasʼ, doch es sollte nicht vergessen werden, dass sie ihre Repräsentanten in jedem Zeitalter der Kirchengeschichte haben, und somit auch in unserer Zeit. Wir sind also vorgewarnt und müssen achtgeben, eifersüchtig für die Rechte und die Ehre unseres Herrn kämpfen, gegen die geringste Abweichung von seinem Wort oder die geringste Tendenz, die Gnade zu missbrauchen."[1]
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[1] Edward Dennett, der Judasbrief
Drei warnende Beispiele des Unglaubens (Israel, Engel, Sodom & Gomorra) | 5-7
Dieser Abschnitt erinnerte die Leser an verschiedene Begebenheiten des Glaubensabfalls und daran, wie Gott im Gericht damit umging. Vergleichen wir diesen Abschnitt des Judasbriefes mit 2Pet 2,4-8, so sehen wir, wie sehr sich beide Briefe voneinander unterscheiden. Petrus sprach zuerst von den Engeln, die gesündigt hatten; dann von Noah und der Flut und schliesslich von Sodom und Gomorra sowie der Rettung Lots. Judas hingegen erwähnte Noah überhaupt nicht, auch nicht Lot. Er spricht zuerst von den Israeliten, die aus Ägypten ausgezogen waren und in der Wüste umkamen, weil sie nicht glaubten. Darauf folgen die Engel, die ihren ersten Zustand nicht bewahrten; dann Sodom und Gomorra und das Gericht, das über diese Städte kam. Schliesslich fügte Judas noch etwas hinzu, das sich sonst nirgends im Wort Gottes findet: Die Begebenheit, wie der Erzengel Michael mit dem Teufel um den Leib des Mose stritt. Angesichts dieser unterschiedlichen Zeugnisse ist es völlig unbegründet Judas vorzuwerfen, er habe bei Petrus abgeschrieben, oder umgekehrt.
Wenn wir diese Beispiele aus der Vergangenheit betrachten, stellen wir fest, dass sie nicht in chronologischer Reihenfolge geordnet sind. Wären sie nach der Zeit aufgelistet, in der sie geschahen, hätte Judas, als auch Petrus, zuerst die Engel erwähnen müssen, die gesündigt hatten. Danach wären Sodom und Gomorra an der Reihe gewesen, gefolgt von den Israeliten, die in der Wüste fielen, und schliesslich Michael, der mit dem Teufel stritt.
Warum also diese nicht chronologische Auflistung in diesem Brief? Die Auflistung hat nicht die zeitliche Reihenfolge als primäres Ziel, sondern darzulegen, was der Ausgangspunkt des Glaubensabfalls ist, nämlich der Unglaube und das daraus resultierende Gericht Gottes! Das Volk war zwar aus Ägypten errettet worden, aber sie glaubten nicht und kamen in der Wüste um, ausser jene, die in Kades-Barnea glaubten. Somit ergab sich die inhaltlich logische Reihenfolge:
- Die Sünde der Israeliten war der Unglaube
- Die Sünde der Engel war Aufstand gegen Gott
- Die Sünde Sodoms und Gomorras war Ausschweifung (Homosexualität)
5 Ich will euch aber, die ihr ein für alle Mal alles wisst, daran erinnern, dass der Herr, nachdem er das Volk aus dem Land Ägypten gerettet hatte, zum anderen die vertilgte, die nicht geglaubt haben;
5 | Das erste Beispiel ist Israel am Tag der Versuchung in der Wüste (Vgl. Hebr 3,8). Nachdem Gott Israel erlöst und die Nation aus der Knechtschaft aus Ägypten befreit hatte, versäumte es das Volk, weiterhin den Verheissungen Gottes zu glauben und auf seine Macht zu vertrauen. Gott hatte dem Volk das Land Kanaan verheissen. In der Verheissung lag auch die Befähigung zur Landeinnahme. Doch das Volk hörte auf den entmutigenden Bericht der zehn ungläubigen Kundschafter in Kades und lehnte sich gegen den HERRN auf (Vgl. Num 14,11; Dt 1,32). Gott richtete die, die nicht glaubten, indem Er sie in der Wüste umkommen liess. Er liess diese ganze Generation in der Wüste sterben. Die einzigen Ausnahmen waren Kaleb und Josua (Vgl. Hebr 3,16-19).
6 und Engel, die ihren ersten Zustand nicht bewahrt, sondern ihre eigene Behausung verlassen haben, hat er zum Gericht des großen Tages mit ewigen Ketten unter der Finsternis verwahrt.
6 | Das zweite Beispiel bezieht sich auf den Glaubensabfall von "Engeln". Aus dem biblischen Bericht geht hervor, dass es mindestens zweimal zum Abfall von Engeln kam. Der erste Abfall geschah durch den Fall Satans, der ein Drittel der Engelwesen mit in seine Rebellion hineinriss (Offb 12,4). Diese gefallenen Engel befinden sich bis heute nicht in Fesseln, sondern wirken als Dämonen im Auftrag des Teufels gegen Gott und Sein Volk.
In diesem Vers jedoch nahm Judas nicht Bezug auf den Fall Satans, sondern auf die Begebenheit, die in Gen 6,1-7 geschildert ist, nämlich auf die "Söhne Gottes" (Engel), die die Töchter der Menschen als Frauen nahmen und damit eine unnatürliche, gotteslästerliche und sündige Verbindung mit den Frauen eingegangen sind. Diese Engel hatten "ihren ersten Zustand nicht bewahrt" und hatten freiwillig ihre "eigene Behausung verlassen". Damit ist gemeint: Sie hatten verlassen, was ihnen ursprünglich von Gott zugewiesen war, ihre Sphäre, in der sie als Engel existierten, mit ihren Aufgaben und Verantwortlichkeiten. Sie haben also nicht einfach aus Versehen diesen Bereich verlassen, sondern bewusst, das heisst aus Ungehorsam. Diese "Engel" hat Gott "zum Gericht des großen Tages mit ewigen Ketten unter der Finsternis verwahrt." Das bedeutet, dass sie seit dieser Begebenheit nicht mehr frei sind, wie es andere gefallene Geister / Dämonen noch sind. In ihrem dauerhaften Zustand des Gebunden-Seins, müssen sie in tiefster "Finsternis" auf den Tag des Gerichtes warten. Gemäss 2Pt 2,4 ist jener Ort der Tartaros, ein abgesteckter Bereich im Totenreich.
Die Botschaft des Autors ist klar: Wer sich von seiner gottgegebenen Stellung entfernt, wer ungehorsam ist, der fällt unter Gottes Gericht, unabhängig davon, ob es sich um Menschen oder Engel handelt. Wenn also schon Wesen mit grösserer Herrlichkeit und Kraft dem Gericht Gottes nicht entgehen konnten, dann ist das eine umso stärkere Warnung an Menschen, die den Weg der Sünde und des Ungehorsams wählen! Wenn selbst die Engel nicht verschont blieben, dann kann auch niemand hoffen ungestraft davonzukommen, der Gottes Ordnung missachtet.
Dieses zweite Beispiel ist sicherlich das eindrücklichste der drei genannten Beispiele. Wenn selbst die Engel, die im Himmel dienten, durch Ungehorsam "mit ewigen Ketten unter der Finsternis verwahrt" wurden, dann dürfen Menschen nicht meinen, sie könnten ungestraft Gottes Gnade missbrauchen und des HERRN Autorität leugnen.
7 Wie Sodom und Gomorra und die umliegenden Städte, die sich, ebenso wie jene, der Hurerei ergaben und anderem Fleisch nachgingen, als ein Beispiel vorliegen, indem sie die Strafe des ewigen Feuers erleiden.
7 | Als dritter Glaubensabfall im Alten Testament nannte Judas das Beispiel von "Sodom und Gomorra und die umliegenden Städte". Das einleitende Wort "wie" bringt ihre Sünde in einen Zusammenhang mit der Sünde der gefallenen Engel. Auch hier ging es um einen Angriff auf die von Gott gesetzte Ordnung. Die Sünde Sodoms[1] war die Homosexualität, d.h. sie hatten den natürlichen Verkehr mit dem widernatürlichen vertauscht (Vgl. Röm 1,26b). Gerade diese Verkehrung des Natürlichen ins Widernatürliche wird in der Schrift als ein Gräuel vor Gott bezeichnet (Lev 18,22; 20,13).
Dieses Beispiel zeigt Gottes Gericht über all diejenigen, die Unmoral und widernatürliche sexuelle Handlungen praktizierten, solcher Handlungen also, worin sich die eingeschlichenen Irrlehrer rühmten. Das Feuer, das einst die Städte der Ebene verzehrte, war Ausdruck des göttlichen Gerichts und steht prophetisch für das zukünftige, endgültige Gericht.
Das "andere Fleisch" bezieht sich im Bericht von Sodom darauf, dass die Männer der Stadt mit Lot selbst und seinen Besuchern (Engeln) geschlechtliche Beziehungen haben wollten. Zwar wussten sie nicht, dass diese Besucher Engel waren, dennoch wird deutlich, dass sie sich homosexueller Handlungen schuldig machten. Judas griff dieses Beispiel auf und überträgt es auf die Irrlehrer seiner Zeit, die sich ebenso der Homosexualität schuldig machten (Vgl. Röm 1,26-27).
"Sodom und Gomorra liegen "als ein Beispiel vor" für das göttliche Gericht, das auf die Sünde der Ausschweifung folgt. Wenn diese dafür so furchtbar bestraft wurden, warum sollten dann Christen, wenn sie die Gnade Gottes missbraucht haben, nicht ebenso erbarmungslos bestraft werden? Es gibt keinen Grund zu solcher Annahme. Gott wird eine abgefallene Christenheit richten, ja, sie wird sogar ein schwereres Gericht bekommen. Die Bewohner Sodoms und Gomorras hatten keine Botschaft der Gnade gehört, sie wussten nicht um die Offenbarung der Liebe Gottes in Christus, und doch wurden sie im göttlichen Zorn weggefegt. Wie viel ärgere Strafe wird nicht derjenige gewärtigen müssen, der die Gnade Gottes zum Vorwand gebraucht, um seinen Lüsten freien Lauf zu lassen. In Sodom sündigte man zwar auch, missbrauchte dabei aber nicht die Offenbarung von Gottes Gnade und Heil."[2]
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[1] Sodomie ist ein von alters her gebräuchlicher Begriff, der aus der biblischen Geschichte von Sodom und Gomorra (Gen 19) abgeleitet ist. Sodomie ist ein Sammelbegriff für alle widernatürlichen sexuellen Handlungen wie Homosexualität, Sex mit Tieren, oder andere Handlungen ausserhalb der Ehe. Sodomie beschreibt also jede Form von sexuellem Verkehr gegen die göttliche Schöpfungsordnung, im biblischen Kontext aber primär die gleichgeschlechtliche Sexualität.
[2] Benedikt Peters, Der Brief des Judas
Beschreibung der Irrlehrer und ihrer Werke | 8-10
Nachdem Judas in den V 5-7 durch verschiedene alttestamentliche Beispiele die schon längst feststehende Bestimmung dieser Irrlehrer dargelegt hatte, richtete er nun in den folgenden Versen den Blick auf ihr Verhalten, ihren Charakter und ihre Wirkung auf die Gläubigen und setzte so zum direkten Angriff auf diese eingeschlichenen "Träumer" an.
8 Doch ebenso beflecken auch diese Träumer das Fleisch und verachten die Herrschaft und lästern Herrlichkeiten.
8 | Judas beschrieb drei Merkmale dieser nebeneingeschlichenen und gottlosen Menschen. Zunächst nannte er sie "Träumer". Damit machte Judas deutlich, dass diese für sich in Anspruch nahmen, göttlich inspirierte Offenbarungen von Gott erhalten zu haben. Das verwendete griechische Wort findet sich im Neuen Testament nur hier und in Apg 2,17. Im Fall der Irrlehrer dienten diese Offenbarungen als heimtückischer Vorwand, um ihre gotteslästerliche Lehre zu rechtfertigen und angeblich "neue Wahrheiten" zu verkündigen. Sie waren vom Satan irregeführt. In Wirklichkeit liefen sie nur den Einbildungen ihres eigenen Herzens nach und fühlten sich dabei in einer trügerischen Sicherheit, obwohl das Gericht bereits unausweichlich über sie feststand.
Das zweite Kennzeichen ist, dass sie "das Fleisch beflecken". Dieser Ausdruck bezieht sich auf ihr ausschweifendes und widernatürliches Leben.
Drittens heisst es, sie "verachten die Herrschaft". Gemeint ist damit, dass sie jede Form von göttlich eingesetzter Autorität zurückwiesen, sei es die Herrschaft Gottes selbst, die Autorität des Christus oder die von Gott eingesetzten Ordnungen.
Zum Schluss wurde von ihnen gesagt, dass sie "Herrlichkeiten lästern". "Herrlichkeiten" ist ein Sammelbegriff, der sich auf Gottes Setzungen/Ordnungen (irdisch und himmlisch) bezieht. D.h. dass die Irrlehrer diejenigen lästern und verachten, die Gott in ihr Amt eingesetzt hat. Es ist offener Widerstand gegen die von Gott eingesetzten Ordnungen und Autoritäten.
9 Michael aber, der Erzengel, als er, mit dem Teufel streitend, Wortwechsel hatte um den Leib Moses, wagte nicht, ein lästerndes Urteil über ihn zu fällen, sondern sprach: Der Herr schelte dich!
9 | In diesem Vers wird ein aussergewöhnliches Ereignis erwähnt, über das sonst nirgends in der Schrift in dieser Form berichtet wird. Der Erzengel Michael geriet in einen Streit mit dem Teufel um den Leib des Mose. Der Hintergrund dürfte darin liegen, dass Gott Mose nach dessen Tod selbst begraben hatte (Dt 34,5-6) und Satan diesen Leib möglicherweise für seine Zwecke beanspruchen wollte. Sei es, um ihn zu entehren oder um durch eine mögliche Verehrung der Grabstätte den Glauben Israels zu verderben. Bemerkenswert ist, dass Michael, obwohl er als Erzengel mit grosser Macht und Autorität ausgestattet war, sich nicht anmasste, den Teufel aus eigener Kraft zu verurteilen. Er sprach kein Urteil aus, sondern überliess das Urteil allein dem HERRN. Alles, was er tun konnte, war, den HERRN als alleiniger Richter zu bitten, den Satan wegen seiner Sünde zu verurteilen. Statt selbst das Urteil zu sprechen, rief er aus: "Der Herr schelte dich!" (Vgl. Sach 3,2) Damit stellte Judas klar, dass selbst ein Engel von höchstem Rang nicht eigenmächtig auftritt, sondern seine Abhängigkeit von Gottes Autorität wahrt. Im Kontrast dazu stehen die Irrlehrer, die respektlos über von Gott eingesetzten himmlischen und irdischen Ordnungen und Autoritäten lästerten.
"Es stellt sich hier noch eine Frage: Warum kommt Judas überhaupt auf den Tod Moses zu sprechen? Petrus spricht auch davon, dass die Gottlosen, die sich unter das Volk Gottes gemischt haben, Herrlichkeiten lästern (2Pt 2,10.11), aber er nennt Mose nicht. Judas hatte anders als Petrus auch an das Ende der ungläubigen Israeliten erinnert. Nun starb ja auch Mose in der Wüste. Machte Gott ihn damit den Ungläubigen gleich? Keinesfalls; denn er ließ ihn einen außergewöhnlichen Tod sterben und er gab ihm ein außergewöhnliches Begräbnis (Dt 34). Vielleicht wollte Judas deshalb an Mose erinnern: Der von Gott Geliebte und in Christus Bewahrte mag straucheln und vielfältig versagen (siehe Jak 3,2; 1Joh 1,9-10; 2,1-2), aber Gott wird ihn anders als die Leugner und Verdreher ans Ziel bringen."[1]
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[1] Benedikt Peters, Der Brief des Judas
10 Diese aber lästern, was sie nicht kennen; was irgend sie aber von Natur wie die unvernünftigen Tiere verstehen, darin verderben sie sich.
10 | Das wiederholte Erwähnen des Begriffs "lästern" macht deutlich, wie ernst Judas die Gefahr dieser Eindringlinge einschätzte. Der Ausdruck wird auch im Zusammenhang mit der Lästerung des Heiligen Geistes verwendet (Mk 3,29), wo es um die fatale Ablehnung des Messias-Königs Jesus Christus geht. Es handelt sich also um einen Ausdruck, der die Verdorbenheit und den widergöttlichen Willen ihrer Herzen beschrieb.
Judas nannte zwei Aspekte: Einerseits reden sie verächtlich über Dinge, die sie gar nicht verstehen, d.h. geistliche Wahrheiten, die sich dem natürlichen Menschen entziehen (Vgl. 1Kor 2,14). Gleichzeitig erklärte er, dass sie sich in dem, was sie "von Natur" verstanden, wie die unvernünftigen Tiere handelten. Gemeint ist damit das instinktive, triebhafte Leben, das von Begierde und fleischlichem Verlangen bestimmt war. Während Tiere gemäss ihrer Natur leben und darin keine Schuld tragen, lassen sich diese Menschen von ihren sündigen Trieben leiten, obwohl sie mit Vernunft und Verantwortung geschaffen sind. So wie die Tiere unvernünftig sind, so verwarfen diese Irrlehrer nicht nur Gottes Wort und Gottes Heil, sondern auch die Vernunft. In Ihrer Unvernunft "verdarben sie sich" selbst. Judas entlarvte diese Irrlehrer, die sich zwar äusserlich mit einem christlichen Bekenntnis schmückten, deren Denken und Handeln jedoch völlig von Unvernunft, Selbstsucht und Ausschweifung geprägt war. Auf sie traf zu, was die Söhne Korahs urteilten: "Der Mensch, der in Ansehen ist und keine Einsicht hat, gleicht dem Vieh, das vertilgt wird." (Ps 49,21)
"Der Apostel Paulus nennt die Leute, die sich in die Gemeinden stahlen, die aber die himmlische Berufung verachteten und den sinnlichen Genüssen lebten, »Hunde« (Phil 3,2.18.19). Und der Mensch der Sünde, der den Himmel lästert und Gott offen leugnet, wird darum »das Tier« genannt (Offb 13)."[1]
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[1] Benedikt Peters, Der Brief des Judas
Drei alttestamentliche Parallelen | 11
In Vers 11 werden drei alttestamentliche Begebenheiten erwähnt, um den Weg, das Wesen, die Werke und das Ende dieser in die Gemeinde nebeneingeschlichenen Irrlehrer darzulegen. Benedikt Peters fasst dies wie folgt zusammen:
Wie der Weg Kains:
Unglaube gegen Gott und Hass auf die Geliebten Gottes (Hebr 11,4; 1Joh 3,11-12)
Wie der Irrtum Bileams:
Liebe zum Geld und damit zur Ausschweifung (V 4). Er redet zwar schöne Worte über den Gott Israels und dessen Volk, aber seine Absicht ist, dieses Volk zur Sünde zu verleiten und zu verderben (Vgl. Offb 2,14)
Wie der Widerspruch Korahs:
Weigerung, sich der Autorität Gottes und seines Christus zu unterwerfen (V 4).[1]
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[1] Benedikt Peters, Der Brief des Judas
11a Wehe ihnen! Denn sie sind den Weg Kains gegangen
11a | Mit dem Ausruf "Wehe ihnen!" sprach Judas einen Fluch über die "Träumer" aus. Dieser Ausdruck, der sich in der Schrift mehrfach findet (Vgl. Jes 5,8-23; Hab 2,6-20; Mt 23,13-29), stellt das genaue Gegenteil eines Segens dar und macht die Unausweichlichkeit des göttlichen Gerichts über sie deutlich. So sicher wie die Heiligen zur ewigen Herrlichkeit gelangen, so sicher ist auch die ewige Verdammnis der "Träumer".
Als erstes Beispiel nannte er den "Weg Kains". Dieser steht für einen Lebensweg, der durch Gottlosigkeit, Gewalt, Habgier und Lästerung geprägt ist und unweigerlich ins Gericht führt. Im Kern war es der Weg des Stolzes: Kain versuchte, durch eigene Werke Anerkennung bei Gott zu erlangen. Als sein Opfer nicht angenommen wurde, reagierte er mit Hass und Unvernunft und wurde in der Folge zum Mörder seines Bruders Abel. Die Wurzel seiner Sünde lag in seinem Unglauben. Kain lehnte sich gegen Gottes Autorität im Blick auf das Heil auf, denn er weigerte sich, ein Blutopfer zu bringen, wie Gott es geboten hatte. Anstatt im Glauben den von Gott bestimmten Weg zu gehen, wollte er sich Gott nach seinen eigenen Massstäben nahen. Damit steht Kain exemplarisch für alle Menschen, die Gottes Ordnungen verwerfen und im Eigenwillen handeln.
11b und haben sich für Lohn dem Irrtum Bileams hingegeben,
11b | Der "Irrtum Bileams" lag darin, dass er, obwohl er Gottes Willen kannte, einen Handel mit den Feinden Israels einging. Zuerst folgte er dem Ruf des Moabiterkönigs Balak und später riet er den Midianitern, die Israeliten durch Verführung zum Götzendienst und zur Unzucht zu Fall zu bringen (Vgl. Num 31,16; Offb 2,14). Sein Weg bestand darin, geistliche Gesetzmässigkeiten zu benutzen, um sich selbst materiellen Gewinn zu verschaffen. Sein "Irrtum" war der Gedanke, er könne mit seinem sündigen Verhalten ungestraft davonkommen. Ebenso taten diese "Träumer"! Sie würden ebenso unter Gottes Gericht umkommen, wie es bei Bileam geschah (Num 31,8).
Bileam verfiel der Aussicht auf Gewinn. Ebenso liessen sich die falschen Lehrer von ihrer Geldliebe treiben und gaben sich "für Lohn" dem "Irrtum Bileams" hin. "Denn die Geldliebe ist eine Wurzel alles Bösen" (1Tim 6,10). Schon die Pharisäer waren "geldliebend" (Lk 16,14) und hassten den HERRN, wie Kain seinen Bruder hasste. Auch Judas Iskariot wurde durch die Liebe zum Geld zum Verrat verführt (Lk 22,3-5). Dasselbe Motiv leitete Gehasi, als er Elisa belog (2Kö 5).
"Wie Bileam sind die Irrlehrer von heute sehr beredt und überzeugend. Sie können immer alles von allen Seiten darstellen. Sie unterdrücken die Wahrheit, um ihr Einkommen zu erhöhen."[1]
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[1] William Mac Donald, der Judasbrief
11c und in dem Widerspruch Korahs sind sie umgekommen.
11c | Der dritte Grund für das "Wehe" des Judas ist der Hinweis auf den "Widerspruch Korahs". Korah stellte sich gemeinsam mit Datan und Abiram gegen die von Gott eingesetzte Führung durch Mose und Aaron (Num 16). Sein Ziel war es, sich selbst das Priesteramt anzueignen. Damit richtete sich die Rebellion letztlich nicht nur gegen Mose und Aaron, sondern gegen den HERRN selbst. Die Folge dieser Auflehnung war das unmittelbare Gericht Gottes: Der Erdboden öffnete sich und Korah und seine Anhänger wurden von der Erde verschlungen "und sie fuhren lebendig in den Scheol hinab, sie und alles, was ihnen angehörte; und die Erde bedeckte sie, und sie wurden mitten aus der Versammlung vertilgt." (Num 16,33) Dieses Beispiel verdeutlicht, wie ernst Gott jede Rebellion gegen diejenigen nimmt, die Er berufen hat, in Seinem Namen zu handeln und zu reden.
Der "Widerspruch Korahs" besteht also grundsätzlich darin, eine Position oder Stellung in der Gemeinde einnehmen zu wollen, ohne Beglaubigung des HERRN Jesus. Als Beispiel im Neuen Testament sehen wir Diotrephes (3Joh 9), der sich zum Widerspruch Korahs hinreissen liess, indem er begehrte der Erste in der Gemeinde zu sein. Doch den vom HERRN Jesus selbst berufenen und eingesetzten Apostel Johannes wollte er nicht annehmen.
Fünf Beispiele über das Ausmass des Irrtums | 12-13
In den zwei folgenden Versen argumentierte Judas mit sechs weiteren Beispielen, diesmal aus der Natur, die das Ausmass des Irrtums beschrieben und um den wertlosen und boshaften Charakter dieser Wölfe im Schafspelz aufzuzeigen.
12a Diese sind die Flecken (Felsen) bei euren Liebesmahlen, indem sie ohne Furcht Festessen mit euch halten und sich selbst weiden;
12a | Judas bezeichnete die Irrlehrer als "Flecken bei euren Liebesmahlen". Es war die Praxis der frühen Gemeinde, zu sogenannten Liebesmahlen zusammenzukommen. Doch so wie bei dem königlichen Hochzeitsfest ein Gast ohne Hochzeitskleid erschien (Mt 22,11-13), fanden sich auch bei diesen "Liebesmahlen" gewisse Menschen, die ohne Berechtigung anwesend waren.
Das griechische Wort kann sowohl "Flecken" als auch "Felsen" bedeuten. Beide Bilder verdeutlichen die zerstörerische Wirkung dieser Träumer: Als "Flecken" verunreinigten sie die Gemeinschaft der Heiligen und als "Felsen" waren sie eine verborgene Gefahr für die Gläubigen. Mit ihren gottlosen Lehren waren sie wie dicht unter der Wasseroberfläche liegende Felsen, auf die Schiffe auflaufen und sinken konnten. So waren sie für die Heiligen eine wirkliche Gefahr, denn es drohte, dass sie im Glauben Schiffbruch erleiden konnten (Vgl. 1Tim 1,19).
Weiter schrieb Judas, dass sie "ohne Furcht Festessen mit euch halten". Unerkannt mischten sie sich unter die Gläubigen, genossen deren Gemeinschaft und fürchteten sich nicht vor Gott. Ja, ihr Gott war ihr Bauch, denn sie "weideten sich selbst". Ihre Ehre war in ihrer Schande, d.h. sie rühmten sich dessen, was eigentlich schändlich war und sie sannen auf das Irdische (Phil 3,18-19). Zudem weist die Formulierung "sich selbst weiden" darauf hin, dass sich die falschen Lehrer als Hirten der Gemeinde ausgaben, aber in Wirklichkeit es ihnen nie um die Schafe ging, sondern immer um sich selbst (Vgl. Hes 34,2.8; Jes 56,11; Joh 10,12-13)!
12b Wolken ohne Wasser, von Winden hingetrieben; spätherbstliche Bäume, fruchtleer, zweimal erstorben, entwurzelt;
12b | Als nächstes werden sie als "Wolken ohne Wasser" bezeichnet. Das griechische Wort für "Wolke" verweist auf etwas, das äusserlich viel verspricht, aber keinen wirklichen Nutzen bringt. Diese Menschen geben sich als Lehrer und Hirten aus, sie erwecken den Eindruck, geistliche Nahrung und Segen zu bringen, doch ihr Wirken war wüst und leer. Sie waren wie Wolken, die, als sie am Horizont aufzogen, fruchtbringenden Regen für die dürre Erde versprachen, sich jedoch beim Herannahen als "ohne Wasser" entpuppten.
Sie waren "von Winden hingetrieben". Diese Formulierung verstärkt den Gedanken: Sie hatten keine feste Richtung, keine Beständigkeit (Vgl. Eph 4,14). Statt von Gottes Geist geleitet zu sein, liessen sie sich von wechselnden Einflüssen und eigenen Begierden treiben. Solchen Menschen zu folgen, führt unweigerlich dazu, den geraden Weg des Evangeliums und der Heiligung zu verlassen.
Judas beschrieb die Irrlehrer als "spätherbstliche Bäume, fruchtleer". Im Spätherbst ist die Zeit der Ernte längst vorbei. Ein Baum, der bis zu dieser Jahreszeit keine Frucht getragen hat, wird auch zukünftig keine Frucht tragen. Judas machte damit klar: Zu keinem Zeitpunkt konnte man von diesen Irrlehrern geistliche Frucht erwarten. Sie haben ihre Aufgabe, Frucht zu bringen, völlig verfehlt. Frucht im biblischen Sinn bedeutet gute Werke zu tun durch ein Leben in der Hingabe und in der Kraft des Heiligen Geistes. "Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen." (Eph 2,10)
Ihr Zustand wurde als "zweimal erstorben" gekennzeichnet: Sie waren einerseits geistlich tot "in Vergehungen und Sünden" (Eph 2,1), andererseits sind sie dem zweiten Tod verfallen, dem Feuersee (Offb 20,14). Das ist ihr gerechtes Gericht!
Da sie "entwurzelt" waren, bestand keinerlei Verbindung zur Quelle des Lebens, das ist der HERR Jesus Christus. So wie bei der Wolke das erhoffte Wasser ausblieb, so blieb bei diesen Menschen die erhoffte Frucht aus. Ein entwurzelter Baum ist seinem Schicksal überlassen. Er wird weggenommen von dem Platz, den er nach aussen hin beanspruchte, und er ist nur noch für das Feuer bestimmt (Vgl. Lk 13,9).
13a wilde Meereswogen, die ihre eigenen Schändlichkeiten ausschäumen
13a | Sie sind wie "wilde Meereswogen", unbeherrschbar, tosend und stürmend. Trotz all des Lärms, den sie verursachen, bleibt nichts von Wert, sondern nur der Schaum ihrer "eigenen Schändlichkeiten".
D.h. nur Unreinheit und Unrat kam aus ihnen (Jes 57,20) und damit besudelten sie andere. Sie rühmten sich der Dinge, für die sie sich hätten schämen müssen, und hinterlassen nichts, das Bestand hat.
13b Irrsterne, denen das Dunkel der Finsternis in Ewigkeit aufbewahrt ist.
13b | Das Wort "Irrsterne" kommt in der ganzen Schrift nur hier vor und bedeutet wörtlich "umherirrende Sterne". Gemeint sind Gestirne, die sich unregelmässig bewegen und nicht als feste Orientierung dienen. In der Antike konnte man sich an den Sternen orientieren, doch ein "Irrstern" ist unzuverlässig, er führt in die Irre statt zum Ziel. So auch diese "Träumer", sie selbst haben keinerlei Orientierung und können keine geben (Vgl. Mt 15,14; Lk 6,39)! Sie haben keine göttliche Ausrichtung und ziehen andere ins Verderben. Sie sind unbeständig, führungslos und trügerisch. Anstatt anderen den Weg zu Gott zu zeigen, treiben sie in die "Finsternis". Ihr endgültiges Schicksal ist der Feuersee, unendlich fern vom Licht Gottes.
Prophetie des Henoch über das Endgericht | 14-15
Benedikt Peters schreibt in seinem Kommentar: "Judas hat drei Beispiele von Gottlosen angeführt, die uns warnen. Nun folgt das Beispiel eines Gerechten, von dem wir lernen sollen: Inmitten einer immer gottloser werdenden Welt wandelte Henoch mit Gott. Allen Versuchungen, sich den Gottlosen anzupassen oder auf ihre schönen Reden zu hören, hielt er das Kommen des Herrn mit seinen Heiligen und das Gericht über die Welt entgegen."
Der Gedankengang der folgenden beiden Verse ist folgender: In den Versen 4-13 hat Judas die Gottlosen beschrieben, die sich nebeneingeschlichen haben. Nun legte er dar, dass schon "Henoch, der siebte von Adam" sowohl ihr Kommen als auch ihr Ende angekündigt hat. Die Adressaten sollten verstehen, dass diese gottlosen Irrlehrer und Verführer nichts Neues sind. Ihr Erscheinen und ihr Gericht ist seit Urzeiten angekündigt und muss deshalb nicht überraschen.
14 Es hat aber auch Henoch, der Siebte von Adam, von diesen geweissagt und gesagt: „Siehe, der Herr ist gekommen inmitten seiner heiligen Tausende,
14 | Zunächst bezeichnete Judas Henoch als "den Siebten von Adam". Diese Bezeichnung stammt aus Gen 5, wo der Stammbaum Adams aufgelistet ist. Henoch wird dort besonders hervorgehoben, weil er "mit Gott wandelte" und nicht starb, sondern von Gott weggenommen wurde (Gen 5,24; Hebr 11,5).
Schon früh gab Gott einem Propheten (Henoch lebte 687 Jahre nach der Erschaffung Adams, d.h. von 3432 v.Chr. bis 3067 v.Chr.) eine umfassende Weissagung über das zukünftige Gericht über alles Gottlose. Dabei ist zu beachten, dass Judas Henoch nicht zitierte, um eine endzeitliche Chronologie zu lehren, sondern um die Gewissheit des kommenden göttlichen Gerichts darzulegen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Judas in diesen beiden Versen in erster Linie vom zweiten Kommen des HERRN Jesus Christus am Ende der Trübsal sprach, wenn Er "inmitten seiner heiligen Tausende (Myriaden)" erscheinen wird, um die Gottlosen zu richten. Doch der Blick reicht eschatologisch noch tausend Jahre weiter bis zum endgültigen Gericht vor dem grossen weissen Thron, wo jedes gottlose Werk und jedes gottlose Wort offenbar und endgültig gerichtet werden wird. Henochs Prophetie also bezieht sich auf die beiden endzeitliche Gerichte und hat dadurch die Verwerfung des jüdischen Messias mehr als 3000 Jahre vor dessen Erscheinung prophetisch angekündigt! Im Fluch über die Frau, kündigte Gott den kommenden Erlöser an, durch Henoch kündigte der HERR den kommenden Richter an.
"Mit dem siebten Tag ist die Woche voll, mit dem Siebten nach Adam ist die Menschheitsgeschichte gleichsam abgelaufen. So stehen Henoch und seine Zeit für die Zeit des Endes. Dann wird der Abfall vom Glauben universal sein (1Tim 4,1; 2Thes 2,3), die Gesetzlosigkeit wird überhandnehmen und die Liebe zu Gott erkalten (Mt 24,12; 2Tim 3,2-4). Doch der Gerechte wandelt wie Henoch mit dem Herrn (Gen 5,22) und wartet auf sein Kommen (1Thes 1,9-10; 4,16-17)."[1]
Die Weissagung lautete: "Siehe, der Herr ist gekommen inmitten seiner heiligen Tausende (Myriaden)." Wie schon dargelegt ist hier die Ankündigung kommender Gerichte Gottes gemeint. Der HERR erscheint "inmitten seiner heiligen Tausende (Myriaden)." Der Ausdruck erinnert stark an alttestamentliche Gerichtsszenen, z.B. an Dt 33,2: "Der HERR ist vom Sinai gekommen … und ist gekommen von heiligen Myriaden. Aus seiner Rechten ging Gesetzesfeuer für sie hervor." Auch neutestamentliche Stellen beschreiben das Kommen des HERRN Jesus als Richter (Vgl. Mt 25,31; 2Thess 1,7-10).
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[1] Benedikt Peters, Der Brief des Judas
15 um Gericht auszuführen gegen alle und zu überführen alle Gottlosen von allen ihren Werken der Gottlosigkeit, die sie gottlos verübt haben, und von all den harten Worten, die gottlose Sünder gegen ihn geredet haben.“
15 | Judas beschrieb nun, was das Kommen des HERRN Jesus "mit seinen heiligen Tausenden" bedeuten wird. Zunächst heisst es, dass der HERR kommt, "um Gericht auszuführen gegen alle". Bei Seinem zweiten Kommen als Richter der Welt, wird der HERR Jesus ein universales Gericht über alles Gottlose halten, niemand wird davon ausgeschlossen sein. Darum heisst es weiter: "und zu überführen alle Gottlosen". Der HERR wird überführen, aufdecken und blossstellen. ER wird alles ans Licht bringen und die Gottlosen können sich nicht mehr herausreden. Ihre Taten als auch ihre Worte werden von ihrer Gottesferne und ihrer Verdorbenheit zeugen.
Viermal in diesem Vers gebrauchte Judas das Wort "gottlos". Zum einen nannte er die "Werke der Gottlosigkeit", also das konkrete Handeln; zum anderen die "harten Worte", die in Lästerung und Anmassung gegen Gott ausgesprochen wurden. Beides wird im Gericht offenbar werden.
Bemerkenswert ist, dass der HERR Jesus nicht nur die Taten, sondern auch die Worte richten wird. Menschen werden nicht allein nach dem beurteilt, was sie tun, sondern ebenso nach dem, was sie reden (Vgl. Mt 12,36). Das Gericht des HERRN ist allumfassend, gerecht und unausweichlich. Es betrifft sowohl Werke als auch Worte, und es wird jeden treffen, der in Gottlosigkeit verharrt. Wer das vollkommene Erlösungswerk des HERRN Jesus Christus in seinem Leben ablehnt, wird als "gottloser Sünder" im Endgericht endgültig verurteilt und dem Feuersee übergeben werden.
Weitere Wesenszüge der Irrlehrer | 16
16 Diese sind Murrende, mit ihrem Los Unzufriedene, die nach ihren Begierden wandeln; und ihr Mund redet stolze Worte, und um des Vorteils willen bewundern sie Personen.
16 | Abschliessend fasste Judas das Wesen der Irrlehrer in einem Satz zusammen. Zuerst nannte er sie "Murrende". Das griechische Wort erinnert an das Murren Israels in der Wüste (Ex 16; Num 14), wo das Volk immer wieder gegen Gott und Mose murrten. So wie damals in der Wüste das Murren Ausdruck des Unglaubens war, so war es gleichermassen auch bei diesen gottlosen Eindringlingen.
Dann heisst es: "mit ihrem Los Unzufriedene". Das griechische Wort bedeutet wörtlich: "sich beklagen über das Schicksal" oder "nie zufrieden sein mit dem, was einem zugeteilt ist". Sie nahmen Gottes Vorsehung nicht an, sondern haderten unentwegt mit ihrem Leben. Wie anders war die Haltung des Paulus: "Nicht, dass ich dies des Mangels wegen sage, denn ich habe gelernt, worin ich bin, mich zu begnügen. 12 Ich weiß sowohl erniedrigt zu sein, als ich weiß Überfluss zu haben; in jedem und in allem bin ich unterwiesen, sowohl satt zu sein als zu hungern, sowohl Überfluss zu haben als Mangel zu leiden. 13 Alles vermag ich in dem, der mich kräftigt." (Phil 4,11-13)
"Die nach ihren Begierden wandeln" zeigt, dass ihr Lebensstil nicht vom Geist Gottes, sondern von ihren eigenen Wünschen und Trieben geprägt war. Das "wandeln nach ihren Begierden" steht im direkten Gegensatz zum Wandel des Christusgläubigen im wiedergeborenen menschlichen Geist (Gal 5,16).
Dazu kam: "ihr Mund redet stolze Worte". Ihre Sprache war hochmütig, überheblich und eigensüchtig. Solche "stolzen Worte" offenbaren das Innerste des Menschen. "Denn aus der Fülle des Herzens redet der Mund." (Mt 12,34).
Schliesslich: "um des Vorteils willen bewundern sie Personen". Sie waren Schmeichler, die die bewunderten und verehrten, aus denen sie möglicherweise irgendeinen Gewinn schlagen könnten. Wie uns häufig in der Schrift gesagt wird, kennt Gott kein Ansehen der Person, doch genau dies nutzten diese "Träumer" im Hinblick auf ihre eigenen Vorteile (Vgl. Jak 2,1-4).
Die Waffenrüstung des Judas | 17-25
Judas wandte sich nach der scharfen Verurteilung der gottlosen "Träumer" den Gläubigen selbst zu. Es genügt nicht, die falschen Brüder und ihre Lehren zu erkennen; entscheidend ist, sich selbst gegen diese zu wappnen. Darum wies Judas im zweiten Teil seines Briefes auf acht konkrete Mittel hin: Die Erinnerung an die Worte der Apostel (V 17), festzustehen im überlieferten Glauben (V 20a), das Gebet im Heiligen Geist (V 20b), das Bleiben in der Liebe Gottes (V 21a) sowie die Ausrichtung auf das Kommen des HERRN (V 21b). Ebenso dazu gehört der seelsorgerliche Dienst am Nächsten: Die Zurechtweisung der Zweifelnden (V 22) und das Zurückführen der Verführten (V 23) und zu guter Letzt ein Lobpreis, der aus einem Leben der Heiligung und des Glaubens resultiert (V 24-25). So verband Judas die Warnung vor dem Abfall mit einer vielschichtigen Darlegung einer von Gott gegeben Waffenrüstung, damit der Christusgläubige göttlich befähigt ist, in einem feindlichen Umfeld bestehen und überwinden zu können.
Erinnerung an die apostolische Warnung | 17-19
17 Ihr aber, Geliebte, erinnert euch an die von den Aposteln unseres Herrn Jesus Christus zuvor gesprochenen Worte,
17 | Nun wandte sich Judas direkt an die Gläubigen. Der Einstieg "Ihr aber" markiert einen klaren Gegensatz zu den zuvor beschriebenen Irrlehrern. Während er diese scharf verurteilt und gebrandmarkt hatte, richtete er nun seinen Blick auf die wahren Gläubigen. Der Kontrast macht deutlich: Ihr seid anders! Ihr gehört nicht zu denen, die sich nebeneinschleichen und ein gottloses Leben führen, sondern ihr seid die von Gott dem Vater "Geliebten" (V 1), die im Glauben feststehen.
Der eigentliche Aufruf lautete: "erinnert euch an die … zuvor gesprochenen Worte". Wie bereits Petrus (2Pt 2,2), erinnerte auch Judas die Leser daran, dass das Auftreten der Spötter von Gott selbst und durch die Apostel vorhergesagt worden war. Sie sollten nicht überrascht sein, sondern sich daran erinnern, dass der HERR es im Voraus angekündigt hatte: "Siehe, ich habe es euch vorhergesagt." (Mt 24,25; Vgl. Apg 20,29-31; 2Pt 2,1; 1Joh 4,3) Das "Erinnern" meint dabei viel mehr als ein blosses Zurückdenken, es bezeichnet ein beharrliches Festhalten und ein tägliches Vergegenwärtigen der Lehre der Apostel (Vgl. Apg 2,42).
Der Ausdruck "Apostel unseres Herrn Jesus Christus" bezieht sich auf die Zwölf, auf Paulus und auf Jakobus (Vgl. Gal 1,19), und machte klar, dass es nicht um menschliche Meinungen ging, sondern um die vom Heiligen Geist autorisierte Botschaft selbst. Judas stellte die Irrlehrer damit ins Abseits und rief die Christusgläubigen zurück zum Fundament, nämlich zum "ein für alle Mal überlieferte" Wort (V 3) der "Apostel unseres Herrn Jesus Christus".
Es ist kein Zufall, dass Judas diesen Aspekt an erster Stelle nannte. Das Vergessen oder das Nicht-Festhalten der durch den Heiligen Geist gegebenen Lehren und Warnungen der Schrift ist eine der Hauptursachen für Glaubensabfall.
18 dass sie euch sagten: Am Ende der Zeit werden Spötter sein, die nach ihren eigenen Begierden der Gottlosigkeit wandeln.
18 | In diesem Vers ergänzt der Autor den Gedanken, in Erinnerung zu rufen, was ihnen bereits durch apostolische Lehre verkündet worden war. Der Ausdruck "am Ende der Zeit" bezieht sich auf eine bestimmte Phase der Heilsgeschichte, nämlich die Zeitspanne, die mit dem ersten Kommen Christi begonnen hat und bis zu seinem zweiten Kommen andauern wird. Judas sprach also nicht nur von einer fernen Zukunft, sondern von einer bereits angebrochenen Zeit, in der sich diese Vorhersagen zunehmend erfüllten. Was Petrus noch ankündigte, war zur Zeit Judas schon eine tägliche Wirklichkeit geworden.
Die "Spötter" sind solche, die den Glauben, die Hoffnung auf das Kommen Christi oder das Leben in der Heiligung ins Lächerliche ziehen. Ihr Spott richtet sich gegen jegliche göttliche Autorität, gegen biblische Wahrheit und gegen das Gericht Gottes. Dabei geht es nicht nur um äussere Verachtung, sondern um eine Haltung des Herzens, die Gott und Seine Ordnungen bewusst ablehnt.
Dass sie "nach ihren eigenen Begierden der Gottlosigkeit wandeln", beschreibt den Kern ihres Lebenswandels. Sie lebten nicht nach dem Willen Gottes, sondern folgten selbstsüchtig ihren inneren Trieben. Diese Begierden stehen im Gegensatz zu einem geistlich erneuerten Leben im Heiligen Geist, das sich an Gottes Massstäben orientiert. Der Zusatz "der Gottlosigkeit" macht deutlich, dass ihr Verhalten nicht nur moralisch verwerflich ist, sondern in aktiver Feindschaft gegenüber Gottes Herrschaft stand.
Ein Auftreten solcher Menschen war kein unerwartetes Phänomen, sondern eine bereits angekündigte Realität. Die Gemeinde soll deshalb nicht erschrecken, verwirrt oder überrascht sein, sondern erkennen: Solche Entwicklungen wurden durch den Heiligen Geist von Alters her angekündigt und bestätigen die Wahrheit der Schrift (Vgl. 2Tim 3,16).
Der Christusgläubige soll diesen Vers als eine Mahnung zur Wachsamkeit verstehen. Der Glaube steht in einer feindlichen Umwelt und wird sowohl von aussen als auch von innen durch Spott und falsche Lehren angegriffen. Doch die Gläubigen sind durch das apostolische Wort gewarnt worden, damit sie sich nicht verführen lassen, sondern standhaft bei Gottes Wahrheit bleiben.
19 Diese sind es, die sich absondern, natürliche Menschen, die den Geist nicht haben.
19 | Nun schloss Judas seine Beschreibung jener "Träumer" ab, die eine so destruktive Wirkung auf die Gemeinden hatten. Die Aussage enthält drei zentrale Merkmale ihres Wesens.
Zunächst bezeichnete Judas sie als "die sich absondern". Das griechische Verb bedeutet auch Trennung oder Spaltung. Diese Menschen haben wenig Interesse an der Einheit der Gemeinde und führen gezielt Spaltungen herbei. Diese falschen Brüder verursachten Parteiungen, indem sie unbefestigte Gläubige um sich sammelten und dadurch die Einheit und Liebe der Gemeinde aufs gröbste untergruben. Ihnen war das völlig egal! Es ging Ihnen immer nur um sich selbst!
Zweitens bezeichnete Judas sie als "natürliche Menschen". Diese Formulierung wird im neuen Testament für die Unterscheidung zwischen dem nicht wiedergeborenen, "natürlichen Menschen" und dem aus Gott geborenen, geistlichen Menschen gebraucht. Der "natürliche Mensch" steht für den gefallenen, geistlich toten Menschen wie er von Natur aus ist: Voller Sünde, getrennt von Gott und völlig unfähig geistliche Wahrheiten zu erkennen. Erst durch die Wiedergeburt wird ein Mensch "geistlich", also fähig, Gottes Wahrheit zu erfassen und im Geist zu leben.
Mit seiner dritten Aussage "die den Geist nicht haben." bestätigte Judas den geistlich toten Zustand der Irrlehrer. Sie gaben sich als Christusgläubige aus, beanspruchten göttliche Offenbarungen erhalten zu haben, sahen sich selbst sogar als Hirten der Gemeinde, aber in Wahrheit waren sie ohne göttliches Leben. Eben solche, "die den Geist nicht haben."
Aufbau des eigenen Glaubenslebens | 20-21
20 Ihr aber, Geliebte, euch selbst erbauend auf euren allerheiligsten Glauben, betend im Heiligen Geist,
20 | Wie schon in V 17 stellte Judas mit den Worten "Ihr aber" einen bewussten Kontrast zwischen den Gläubigen und den Irrlehrern her. Er machte eine klare Abgrenzung zwischen den zuvor beschriebenen Personen und den wahren Gläubigen, eine bewusste Unterscheidung zwischen "natürlichen Menschen" und wiedergeborenen Menschen. Seine Botschaft war klar: Ihr gehört nicht zu diesen gottlosen "Träumern", die Parteiungen herbeiführen. Nein, ihr seid von Gott dem Vater "Geliebte" und in Christus Jesus zu einem Leben in der Heiligung berufen. Damit kehrte sich Judas nun endgültig von den gottlosen "Träumern" ab und wandte sich nur noch den wahren Gläubigen zu.
Der Christusgläubige trägt eine grosse Eigenverantwortung, wenn es um sein Glaubensleben geht! Darum schrieb Judas "euch selbst erbauend auf euren allerheiligsten Glauben." Es muss nachdrücklich betont werden, dass jeder Christusgläubige in erster Linie selbst Verantwortung für sein Leben mit dem HERRN trägt. In der Anfangszeit des Glaubens mag dies noch anders aussehen, doch mit wachsender Erkenntnis wächst auch die persönliche Verantwortung im Glaubensleben. Z.B. sagte der HERR: "Wenn jemand mir nachkommen will, so verleugne er sich selbst und nehme täglich sein Kreuz auf und folge mir nach." Oder Paulus in Bezug auf das Abendmahl: "Jeder aber prüfe sich selbst." Oder Jakobus, wo es darum geht, sich von den Ältesten der Gemeinde dienen zu lassen: "Er rufe die Ältesten der Versammlung zu sich." Folgerichtig verwendete Judas das Wort "erbauend". Es beschreibt den fortwährenden Aufbau eines Hauses auf einem bereits vorhandenen Fundament. Das Bild macht deutlich: Jeder Christusgläubige ist wie ein Haus, das weiter ausgebaut wird, während das Fundament bereits gelegt ist. Dieses Fundament ist allein der HERR Jesus Christus. Damit unterstrich Judas die Selbstverantwortung des Christusgläubigen "sich selbst zu erbauen."
Der Autor definierte nun, was genau aufgebaut werden soll, nämlich den "allerheiligsten Glauben". Dieser Glaube ist "allerheiligst", weil er göttlichen Ursprungs ist und den Gläubigen zu einem Leben befähigt, welches dem HERRN wohlgefällig ist. Mit "Glauben" ist hier nicht in erster Linie das persönliche Vertrauen des Einzelnen gemeint, sondern der Inhalt des christlichen Glaubens, also das ein für alle Mal überlieferte Evangelium (V 3b), die Lehre des Christus und der Apostel des HERRN Jesus Christus (V 17). Paulus formulierte es so: "Ihr seid … aufgebaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten, indem Christus Jesus selbst Eckstein ist." (Eph 2,20)
Mit "betend im Heiligen Geist" ist zweierlei gemeint. Erstens ein geistgewirktes Reden mit Gott, welches einem geisterfüllten Leben entspringt. Ein Gebet, das in Übereinstimmung mit Gottes Willen geschieht (1Joh 5,14), nicht aus eigener Kraft oder nach eigenem Gutdünken, sondern im Einklang der Schrift.
Zweitens ist mit diesem Gebet auch eine der Gnadengaben gemeint, nämlich die Gabe des Sprachengebets (Zungenrede). Paulus definierte diese Geistesgabe wie folgt: "Denn wer in einer Sprache redet, redet nicht (zu) Menschen, sondern (zu) Gott; denn niemand versteht es, im Geist aber redet er Geheimnisse." (1Kor 14,2) Für Paulus war diese Gabe unerlässlich und hielt darum fest: "Ich danke Gott, ich rede mehr in Sprachen als ihr alle." (1Kor 14,18)
21 erhaltet euch selbst in der Liebe Gottes, indem ihr die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus erwartet zum ewigen Leben.
21 | Das Wort "erhaltet" bedeutet "bewahren", "wachsam hüten", "festhalten". Wie schon im vorangegangenen Vers, wo Judas mit dem "Ihr aber" an die Eigenverantwortung der Gläubigen erinnerte, so unterstrich er hier erneut ihre Pflicht, den Bereich der Liebe Gottes zu bewahren. Dabei geht es nicht darum, sich Gottes Liebe zu verdienen, denn in V 1 hatte Judas bereits festgehalten, dass die Gläubigen von Gott, dem Vater, geliebt sind. Der Aufruf meint vielmehr, dass die Christusgläubigen in dem von Gott vorgegebenen Rahmen bleiben sollen: Im Gehorsam, in der Treue und im beständigen Vertrauen. Jesus selbst drückte es so aus: "Bleibt in meiner Liebe!" (Joh 15,9). Die Verantwortung des Gläubigen besteht darin, sich dieser Liebe nicht zu entziehen. Sich dort aufzuhalten, wo der HERR die Seinen mit all den Gaben Seiner Liebe beschenken kann. Denn wer sich von Gottes Wort und Willen entfernt, dämpft damit den Heiligen Geist und hindert dadurch den freien Fluss der Liebe Gottes. Wir "erhalten uns selbst in der Liebe Gottes", indem wir an Seinem Wort und an Seinem Willen festhalten.
Wie aber kann dieses "Erhalten" konkret umgesetzt werden? Judas gab die Antwort: "indem ihr die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus erwartet". Das Warten bedeutet eine geduldige, hoffnungsvolle und in der Liebe Gottes des Vaters verharrende Ausrichtung in die Zukunft. Christusgläubige leben im Hinblick auf die baldige Wiederkunft des HERRN Jesus in der Luft (Vgl. 1Thess 4,16-17). Was sie dabei erwartet, ist Seine "Barmherzigkeit", d.h. nicht ihr eigener Verdienst, sondern das Erbarmen des "Herrn Jesus Christus" wird der Grund ihrer "ewigen" Rettung sein.
"Beachten wir in V 20 und 21 das Zusammenwirken des dreieinigen Gottes in der Bewahrung und Vollendung der Heiligen: Wir beten im Heiligen Geist, wir erhalten uns in der Liebe Gottes des Vaters, wir erwarten Seinen Sohn aus dem Himmel."[1]
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[1] Benedikt Peters, Der Brief des Judas
Umgang mit Verirrten und Gefährdeten | 22-23
In den zwei folgenden Versen wandte sich Judas von der Beschreibung der Irrlehrer und dem Aufruf alles zu tun, um in der Liebe des Vaters zu bleiben, hin zur praktischen Verantwortung der Gläubigen im Umgang mit den Glaubensgeschwistern. Christusgläubige sollen also nicht nur sich selbst im Glauben festigen (V 20-21), sondern auch achtsam mit denen umgehen, die ins Wanken geraten sind oder schon in Gefahr stehen, in die Irre geführt zu werden. Die Reihenfolge ist zu beachten! Wir sehen hier einen wichtigen geistlichen Grundsatz für die Gemeinde: Zuerst selbst stark im HERRN werden und dann erst seelsorgerlich den Verirrten helfen! Dementsprechend gab Judas in diesen Versen Anweisungen, wie die fest im Glauben Stehenden sich der Verirrten annehmen und ihnen zurechthelfen sollten. Er nennt hier drei Dinge, die sie tun sollen:
- Sie sollen zweifelnde zurechtweisen
- sie sollen Verführte aus dem Feuer reissen
- sie sollen sich unbefleckt halten
22 Und die einen, die zweifeln, weist zurecht,
22 | Die erste Gruppe, die hier angesprochen wurde, sind solche, "die zweifeln", d.h. jene die im Glauben schwanken. Der griechische Ausdruck bedeutet wörtlich "die Unterscheidenden" oder "die innerlich Hin- und Herbewegten", also Menschen, die sich unsicher sind, geistlich nicht gefestigt und zwischen Wahrheit und Irrtum hin- und hergerissen sind.
Judas beauftragte die Leser diese "Zweifler" "zurechtzuweisen" und dies im Sinne der Barmherzigkeit. Sie brauchten sowohl Verständnis und Barmherzigkeit als auch klare Wegweisung. Die Zurechtweisung, die hier gemeint ist, hat also einen stark seelsorgerlichen Charakter mit dem einen Ziel, den "Zweifler" hin zum Kreuz des HERRN zu führen, damit er dort Wiederherstellung und Zuversicht erfahren darf. Auch hier begegnen wir wiederum einem zentralen geistlichen Grundsatz in der Gemeinde: Jedes seelsorgerliche Bestreben muss zum Kreuz des HERRN Jesus führen, denn nur dort ist wahre Lösung möglich!
23 die anderen aber rettet mit Furcht, sie aus dem Feuer reißend, indem ihr auch das vom Fleisch befleckte Kleid hasst.
23 | Nun beschrieb Judas eine zweite Gruppe von Christen in der Gemeinde, die anders behandelt werden mussten als die "Zweifelnden" (V 22). Hier ist von denen die Rede, die schon tiefer in die Irre oder in die Sünde hineingeraten sind. Es waren Christusgläubige, welche die falschen Lehren teils oder sogar ganz angenommen hatten und werden, wenn sie darin verharrten, allen Lohn verlieren (Vgl. 2Joh 8). Alle ihre Werke werden verbrennen, sie erleiden grossen Schaden; sie werden zwar gerettet werden, "doch so wie durchs Feuer" (1Kor 3,15).
Die Formulierung "aus dem Feuer reißend“ erinnert stark an Sach 3,2, wo der Hohepriester Josua als "ein Brandscheit, das aus dem Feuer gerettet" bezeichnet wurde. Ein Brandscheit ist ein Stück Holz, das bereits im Feuer liegt und beinahe vollständig verbrannt ist, aber im letzten Moment herausgezogen wird, bevor es völlig verzehrt ist. Dieses Bild wendet die Schrift auf Josua an: Er war durch Schuld und Gericht fast verloren, aber wurde von Gott selbst rechtzeitig herausgerettet. Gleichermassen sollten auch diese Verirrten nicht zu Schaden kommen, sondern sollten, wenn möglich, noch "aus dem Feuer" herausgerissen werden.
Judas ergänzte den Auftrag "die anderen zu retten" mit den Worten "mit Furcht". Damit stellte er klar, dass die Rettung von Menschen, die in Sünde gefallen sind und darin leben, nicht unbedacht oder leichtfertig angegangen werden dürfen (Vgl. Gal 6,1). Wer helfen will, muss geistlich reif und treu sein gegenüber dem HERRN und Seiner Gemeinde und sich der Gefahr bewusst sein, selbst in die Sünde hineingezogen zu werden. Seelsorgerliche Dienste in der Gemeinde dulden keinen Raum für geistliche Selbstüberschätzung, Überheblichkeit und Unbesonnenheit. So warnte Paulus die Korinther: "Daher, wer zu stehen meint, sehe zu, dass er nicht falle." (1Kor 10,12)
Der letzte Teil des Verses ergänzt den vorangegangenen Gedanken: "indem ihr auch das vom Fleisch befleckte Kleid hasst." Das "Kleid" ist hier ein Bild für den Lebenswandel des Menschen, der durch das "Fleisch", d.h. durch die sündhafte Natur, befleckt ist. Judas forderte deshalb zu einer klaren Abgrenzung gegenüber allem auf, was mit einem sündigen Lebenswandel zu tun hat. Die Liebe zum Sünder darf nicht mit einer Toleranz gegenüber der Sünde verwechselt werden. Wer anderen helfen und sie retten will, hasst nicht den Verirrten, aber er hasst die Sünde, die dessen Kleid besudelt hat. Er hasst die böse Lehre, welche die Gnade des HERRN in Ausschweifung verkehrt. Denn diese Lehre verhöhnt den Gott, von dem alle Gnade kommt, und sie verdirbt die Heiligen, für die der Sohn Gottes Sein Leben gegeben hat.
Hymnus | 24-25
Stell dir vor, du bist am Ende eines langen, schweren Briefes angelangt. Viele ernste Warnungen, manche harten Worte und düstere Beschreibungen und dann schliesst der Schreiber plötzlich mit einem Lobpreis Gottes, der wie ein Sonnenstrahl das Dunkle und Schwere durchbricht. Genau so wirken die Verse 24-25. Sie sind der Hymnus des Briefes, eine Art feierlicher Lobgesang Gottes. Nachdem Judas seine Leser eindringlich vor falschen Lehrern gewarnt hatte, richtete er den Blick bewusst weg von menschlicher Schwachheit hin zur Macht Gottes. Der Gedanke ist klar: Nur der HERR selbst kann die Gläubigen davor bewahren zu fallen. Kein eigener Verdienst, keine menschliche Kraft, sondern allein Gottes Kraft bewahrt und vollendet!
"Judas eröffnete seinen Brief mit einer Anrede an die von Gott Geliebten, Berufenen und in Christus Bewahrten (V 1). Damit erinnerte er die Empfänger daran, dass sie in Gottes Heil verankert waren. Nun schliesst er seinen Brief, indem er den rühmt, der die Seinen auf dem ganzen Weg zu bewahren vermag, bis sie in die Herrlichkeit eingehen."[1]
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[1] Benedikt Peters, Der Brief des Judas
24 Dem aber, der euch ohne Straucheln zu bewahren und vor seiner Herrlichkeit untadelig darzustellen vermag mit Frohlocken,
24 | Judas beschrieb nun den, der den Christusgläubigen allein "ohne Straucheln zu bewahren vermag"! Er allein ist mächtig, um "völlig zu erretten" (Hebr 7,25), um zu "befestigen" (Röm 16,25), um zu "helfen" (Hebr 2,18) und letztlich alle Schöpfung, sei es die Sichtbare oder die Unsichtbare, Seiner Herrschaft zu "unterwerfen" (Phil 3,21). Er allein verwendet sich für die Seinen inmitten von Verführung, Irrlehre und Glaubensabfall und bewahrt sie "ohne Straucheln". Gemeint ist dabei nicht die Befähigung zu einem sündlosen Leben (Vgl. 1Joh 1,9), sondern ein bewahrt werden im Hinblick auf die Vollendung (Vgl. Hebr 12,2). Gott selbst ist es, der die Seinen befestigt und bewahrt. Er wirkt in ihnen das "Wollen wie auch das Wirken nach seinem Wohlgefallen" (Phil 2,13). Dadurch stellt Er sicher, dass sie nicht unterwegs zurückbleiben, sondern das von Ihm gesetzte Ziel erreichen.
Nun nannte Judas das Endziel aller Christusgläubigen, nämlich nach dem irdischen Leben "untadelig" vor Seinen Thron der "Herrlichkeit" treten zu dürfen. Er will, dass die Seinen dort sind, wo Er selbst ist, und dass sie Seine Herrlichkeit schauen (Joh 14,3; 17,24). Er will, dass sie Ihn sehen, wie Er ist, und dass sie Ihm dabei gleichgestaltet werden (1Joh 3,2). Und Er will, dass sie Anteil an Seiner Herrlichkeit haben (Joh 17,22). Dabei wird der HERR "frohlocken" über all Seine Kinder, die Er so teuer erkauft hat mit Seinem eigenen Blut. Hier nun wird in Erfüllung gehen, was der Apostel Paulus in Hebr 12,2 schrieb: "Indem wir hinschauen auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens, der, die Schande nicht achtend, für die vor ihm liegende Freude das Kreuz erduldete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes."
25a dem alleinigen Gott, unserem Heiland, durch Jesus Christus, unseren Herrn,
25a | Nun richtet sich der Fokus auf die Identität Gottes und auf die Weise, wie er handelt, nämlich durch "Jesus Christus, unseren Herrn". Mit den Worten "dem alleinigen Gott" stellte Judas klar, dass es nur einen wahren Gott gibt. Zur Zeit des Judas war das ein klares Gegenbekenntnis zur grassierenden Vielgötterei und zum religiösen Synkretismus (Vermischung), welcher auch in den Gemeinden des HERRN Jesus um sich frass. Besonders im Blick auf die falschen Lehrer (V 4-19) wurde festgehalten: Nur dieser eine Gott ist anbetungswürdig – niemand sonst!
Judas nannte Gott "unseren Heiland", was wörtlich "Retter" oder "Erlöser" bedeutet. Im Neuen Testament wird dieser Titel oft auf Jesus Christus bezogen, hier aber direkt auf Gott den Vater. Damit legte Judas dar, dass die Rettung ihren Ursprung in Gott dem Vater selbst hat. Er ist es, der rettet, nämlich durch Jesus Christus, wie der nächste Teilsatz klarmacht.
Die Formulierung "durch Jesus Christus, unseren Herrn" zeigt, wie Gott als Retter wirksam wird, nämlich durch das Werk Christi. Jesus Christus, der Sohn Gottes, ist der Mittler, durch den die Rettung Gottes des Vaters Wirklichkeit geworden ist. Hier wird die enge Verbindung von Vater und Sohn in der Erlösung klar: Gott der Vater ist der Retter und durch "Jesus Christus, unseren Herrn" kommt diese Rettung zu uns.
25b sei Herrlichkeit, Majestät, Macht und Gewalt vor aller Zeit und jetzt und in alle Ewigkeit! Amen.
25b | Mit vier Eigenschaften Gottes, des HERRN, setzte Judas den Schlusspunkt des im V 24 begonnenen Hymnus. Die vier Begriffe "Herrlichkeit, Majestät, Macht und Gewalt" beschreiben unterschiedliche Aspekte des göttlichen Wesens: "Herrlichkeit" beschreibt die Ehre, die Ihm aufgrund Seines Wesens und all Seiner Taten gebührt. "Majestät" umfasst Seine Erhabenheit, Seine Würde und Seine Pracht. Er ist über alle und alles erhöht, HERR und Herrscher über alles! Mit "Macht" ist Seine uneingeschränkte Allmacht gemeint, mit der ER unerbittlich Seinen Willen durchsetzt. Nichts und niemand kann Ihm widerstehen! "Gewalt" meint Seine unangefochtene Herrschaft. Er allein ist der Herr der Herren und König der Könige! Diesem herrlichen, erhabenen, mächtigen König gehört all unser Lob!
Nun beschrieb Judas das ewige und unvergängliche Wesen Gottes und legte dar, dass Gottes Wirken und Vorsehung "vor aller Zeit", das heisst vor Anbeginn der Welt, schon wirksam war. Aber auch "jetzt", das heisst gegenwärtig, "und in alle Ewigkeit"! Das "Amen" ist das Siegel: Dies ist gewiss und unerschütterlich!
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